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Follikuläres Lymphom

ICD-10 C82.-
Stand März 2022
Dies ist nicht die aktuelle Version. Siehe: Follikuläres Lymphom

1Zusammenfassung

Das follikuläre Lymphom ist das häufigste indolente Lymphom. Die WHO unterscheidet verschiedene Grade. Follikuläre Lymphome Grad 1-3A gehören zu den indolenten, Grad 3B zu den aggressiven Lymphomen. Häufigste, klonale, genetische Aberration ist eine balancierte Translokation t(14;18) mit Überexpression des BCL2-Proteins. Diese Translokation ist charakteristisch für das follikuläre Lymphom, aber nicht spezifisch.

Das klinische Bild ist geprägt von einer langsam progredienten Lymphadenopathie. Sie kann über längere Zeit ohne weitere klinische Symptomatik bestehen. Der klinische Verlauf ist sehr variabel. Die Überlebenszeiten reichen von einigen Jahren bis über zwei Jahrzehnte. Etwa 20% der Patient*innen haben einen aggressiveren Verlauf mit Progress innerhalb von 24 Monaten nach Diagnosestellung. Die große Mehrzahl der Patient*innen mit follikulärem Lymphom wird erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium diagnostiziert. Der Follicular Lymphoma International Prognostic Index (FLIPI) ermöglicht die Differenzierung von drei Gruppen mit unterschiedlicher Prognose.

Die Therapie erfolgt Stadien abhängig. Im Stadium I (und lokalisiertem Stadium II) hat die Bestrahlung der betroffenen Lymphknotenregionen einen kurativen Anspruch. Eine medikamentöse Therapie wird in den fortgeschrittenen Stadien bei klinischer Symptomatik eingeleitet. Mit der Kombination aus Chemotherapie und einem Anti-CD20-Antikörper werden Remissionsraten von ≥80% erreicht.

2Grundlagen

2.1Definition und Basisinformationen

Das follikuläre Lymphom gehört zu den indolenten Lymphomen [1]. In der aktuellen WHO-Klassifikation werden die follikulären Lymphome in die Grade 1, 2, 3A und 3B unterteilt. Die Grade 1-3A gehören zu den indolenten, der Grad 3B zu den aggressiven Lymphomen.

2.2Epidemiologie

Das follikuläre Lymphom ist das häufigste, indolente Non-Hodgkin Lymphom (NHL) in Westeuropa und den USA, in Asien ist es sehr selten. Das follikuläre Lymphom macht in unseren Breiten 20–35% aller neu diagnostizierten NHL aus. Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 60 und 65 Jahren mit einer breiten Altersspanne.

2.3Pathogenese

Das follikuläre Lymphom entsteht aus den B-Zellen der Keimzentren der Lymphknoten. Bei etwa 90% der Patient*innen ist eine balancierte Translokation zwischen dem Immunoglobulin-Schwerketten-Gen auf Chromosom 14 und dem bcl-2 Gen auf Chromosom 18 nachweisbar. Die t(14;18)(q32;q21) führt zur Überexpression des intakten BCL-2 Proteins und konsekutiv zur Hemmung der Apoptose. Folgen sind eine längere Überlebenszeit der dysregulierten Zellen und ihre langsame Akkumulation in lymphatischen Geweben. Etwa 70% der bekannten Translokationen finden sich in der Major Breakpoint Region (MBR) des BCL-2 Lokus, 10-15% in der minor breakpoint region (mbr) des BCL-2 Lokus. Die BCL-2 Translokationen sind charakteristisch, aber nicht spezifisch für das follikuläre Lymphom. Sie wurden in niedriger Frequenz auch bei Gesunden in Knochenmark und lymphatischem Gewebe nachgewiesen. Die klinische Heterogenität des follikulären Lymphoms ist mit dem Muster der genetischen Aberrationen assoziiert [23].

2.4Risikofaktoren

Epidemiologische Studien deuten auf ein erhöhtes Erkrankungsrisiko durch folgende Faktoren hin:

  • Belastung mit Benzol; die berufliche Belastung ist in Deutschland als Berufskrankheit anerkannt;

  • berufliche Belastung mit Pestiziden

  • Rauchen, auch Passivrauchen

3[Kapitel nicht relevant]

4Klinisches Bild

Follikuläre Lymphome werden zu über 80% in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert. Typisch sind

  • neu aufgetretene, meist schmerzlose Lymphknotenvergrößerungen

  • Allgemeinsymptome (Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiß = sog. „B-Symptome”)

  • Beeinträchtigung der Hämatopoese, wie z. B.:

    • Anämie - Abgeschlagenheit und Müdigkeit

Andere hämatologische Symptome wie eine Thrombozytopenie sind selten, können dann aber eine Therapieindikation darstellen. Weitere Laborveränderungen sind uncharakteristisch, die LDH ist in der Mehrzahl der Patient*innen normwertig.

Extralymphatische Infiltrate (z.B. HNO-Bereich, Gastrointestinaltrakt) können beim follikulären Lymphom vorkommen.

5Diagnose

Beispiele der mikroskopischen Diagnostik finden Sie unter eLearning Curriculum Hämatologie (eLCH), https://ehaematology.com/.

5.1[Kapitel nicht relevant]

5.2Diagnostik

5.2.1Erstdiagnose

Die histologische Diagnose sollte, wenn immer möglich, auf der Basis einer Lymphknotenexstirpation erfolgen. Bei schwer zugängigen, z. B. retroperitonealen Lymphknoten kann alternativ eine Lymphknotenbiopsie vorgenommen werden. Eine Feinnadelaspiration (Zytologie) ist aufgrund häufiger fokaler Heterogenität des Lymphom-Gewebes und der eventuellen Notwendigkeit weiterer immunologischer und molekulargenetischer Untersuchungen nicht ausreichend. Der histologische Bericht soll die Diagnose entsprechend der WHO Klassifikation benennen und das Grading (Grad 1–2, 3A oder 3B) festlegen, da das Grading Einfluss auf die Therapie hat. Follikuläre Lymphome Grad 3B werden als aggressives Lymphom betrachtet und entsprechend der Empfehlungen für „Diffuses großzelliges B–Zell-Lymphom“ behandelt, siehe Onkopedia Leitlinie DLBCL. Eine referenzpathologische Mitbeurteilung wird empfohlen.

Da die Therapie der indolenten Lymphome vom Ausbreitungsstadium abhängt, ist eine ausführliche Diagnostik vor Therapiebeginn essenziell (Staging) [4]. Die erforderlichen Untersuchungen sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tabelle 1: Diagnostik beim follikulären Lymphom (Erstuntersuchung) 

Untersuchung

Anmerkungen

Anamnese

insbesondere B-Symptome

körperliche Untersuchung

einschl. peripherer LK Status, Waldeyerscher Rachenring, Milz- und Lebergröße

Blutbild

Blutbild inklusive Differenzialblutbild (mikroskopische Differenzierung), und Retikulozyten

weitere Laboranalysen des Blutes

  • Gesamteiweiß

  • Harnsäure

  • LDH, optional: β2-Mikroglobulin

  • Einweißelektrophorese, bei V.a. auf Paraproteinämie Immunfixation, freie Leichtketten im Serum

  • Oberflächenmarker durch multiparametrische Immunphänotypisierung

  • Hepatitis B (HBV), und C(HCV), HIV vor Therapieeinleitung

  • ggf. Schwangerschaftstest (vor Therapieeinleitung)

Knochenmarkpunktion

Knochenmarkzytologie*, Knochenmarkhistologie*

Zytogenetik

FISH Panel oder PCR für t(14;18) zur Differenzierung zu anderen indolenten NHL**

Bildgebung

CT Hals / Thorax / Abdomen

alternativ: Positronen-Emissionstomographie (PET-CT) mit FDG (Fluordesoxyglucose)

alternativ: Sonographie zur Verlaufskontrolle

für lokalisierte Stadien PET-CT zur Abgrenzung des Bestrahlungsvolumens empfehlenswert

* nicht obligat bei „watch and wait“-Strategie, wenn durch andere Lymphommanifestationen ein fortgeschrittenes Stadium bereits gesichert ist;
** nicht obligat: ergänzende Diagnostik bei unklarem Befund

In den lokalisierten Stadien I/II wird in der „Lugano Classification“ die Durchführung einer FDG-Positronen-Emissions-Tomographie (PET) im Rahmen des initialen Stagings empfohlen, um ein fortgeschrittenes Stadium insbesondere bei geplanter alleiniger involved field Bestrahlung auszuschließen [5] dieser Situation auch der Bestimmung des exakten Bestrahlungsvolumens. In fortgeschrittenen Stadien hat das PET keine therapeutische, aber prognostische Aussagekraft. Das PET kann darüber hinaus Hinweise auf eine maligne Transformation in ein aggressives Lymphom geben. In Deutschland gehört eine PET Untersuchung bei Patient*innen mit follikulärem Lymphom nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen.

Um Patient*innen mit einem erhöhten Risiko für Akut- und/oder Spätkomplikationen identifizieren zu können, sind in Abhängigkeit von der geplanten Therapie Untersuchungen des Herzens (EKG, Herz-Echo) und der Nierenfunktion (GFR/Kreatinin-Clearance) vor Therapiebeginn obligat. Bei Patient*innen im reproduktiven Alter mit Kinderwunsch sollen fertilitätserhaltende Maßnahmen vor Beginn der Therapie angeboten werden, siehe auch https://www.dgho.de/publikationen/schriftenreihen/fertilitaetserhalt/dgho_gpsr_xi_de_0971_web.

5.3Klassifikation

5.3.1Stadieneinteilung

Die Stadieneinteilung erfolgt in Stadium I bis IV nach der Ann-Arbor-Klassifikation, siehe Tabelle 2.

Tabelle 2: Stadieneinteilung nach der Ann-Arbor-Klassifikation 

Stadium

Kriterien

I

Befall einer einzigen Lymphknotenregion (I/N) oder Vorliegen eines einzigen, lokalisierten extranodalen Herdes (I/E)

II

Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells (II/N) oder Vorliegen eines extranodalen Herdes (II/E) und Befall einer oder mehrerer Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells (II/N/E)

III

Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells (III/N) oder Befall von lokalisierten extranodalen Herden und Lymphknotenbefall, so dass ein Befall auf beiden Seiten des Zwerchfells vorliegt (III/E oder III/N/E)

IV

disseminierter Befall eines oder mehrerer extralymphatischer Organe mit oder ohne Befall von Lymphknoten

Zum lymphatischen Gewebe gehören: Lymphknoten, Milz, Thymus, Waldeyerscher Rachenring, Appendix. Zervikale, axilläre oder inguinale Lymphknotenvergrößerungen sowie Leber- oder Milzvergrößerungen gelten als je eine Region.

Traditionell werden die Stadien ergänzt durch den Zusatz „A” bei Fehlen, „B” bei Vorliegen von

  • nicht erklärbarem Fieber > 38°C

  • nicht erklärbarem Nachtschweiß

  • nicht erklärbarem Gewichtsverlust (> 10% des Körpergewichts innerhalb von 6 Monaten)

5.4Prognostische Faktoren

Der „Follicular Lymphoma International Prognostic Index“ (FLIP-Index, FLIPI) http://bloodref.com/lymphoid/lymphoma/flipi) erlaubt eine prognostische Differenzierung in drei Patientengruppen nach Chemotherapie [6] (siehe Tabelle 3). Die einzelnen Faktoren sind:

Follicular Lymphoma International Prognostic Index (FLIP-Index)

  • >4 befallene Lymphknotenregionen

  • LDH-Erhöhung

  • Alter > 60 Jahre

  • Stadium III oder IV

  • Hämoglobin <12g/dl

Jedem Risikofaktor wird ein Punkt gegeben, ein Score fasst dies zusammen:

Tabelle 3: Follicular Lymphoma International Prognostic Index (FLIP-Index, FLIPI) [678] 

Anzahl von Risikofaktoren

Rezidivrisiko

0 – 1

niedrig

2

intermediär

3 – 5

hoch

Derzeit sollte auf der Basis des FLIPI lediglich die Risikoeinschätzung, jedoch keine Therapieindikation gestellt werden. [79]. Einen vereinfachten Score stellt der Prima-FLIPI dar [10].

Patient*innen mit Frührezidiven innerhalb von 24 Monaten nach Einleitung einer Standardtherapie weisen eine unterdurchschnittliche Gesamtüberlebenszeit von im Median nur ca. 5 Jahren auf [11].

5.5Differenzialdiagnose

Als Differenzialdiagnose kommen alle entzündlich bedingten Lymphknotenvergrößerungen bakterieller oder viraler Genese (z.B. Tuberkulose, Toxoplasmose, Epstein-Barr-Virus, Zytomegalievirus, HIV) in Betracht. Des Weiteren sind andere maligne Lymphome, Lymphknotenmetastasen solider Tumoren, oder eine Sarkoidose in die differenzialdiagnostischen Erwägungen einzubeziehen und ggf. auszuschließen. Die Differenzialdiagnose muss auch die in der WHO neu definierten Entitäten [1] berücksichtigen mit Bezug zur Lokalisation (duodenales follikuläres Lymphom), zum Alter der Patient*innen (follikuläres Lymphom vom pädiatrischen Typ) und zur Histologie (follikuläres Lymphom in situ). Diese Entitäten unterscheiden sich vor allem prognostisch von den anderen Formen des follikulären Lymphoms.

6Therapie

6.1Therapiestruktur

Patient*innen mit indolenten Lymphomen sollten, wenn immer möglich, im Rahmen von klinischen Studien behandelt werden. Das Vorgehen richtet sich nach dem Krankheitsstadium, dem Allgemeinzustand und der Komorbiditäten. Ein Therapie - Algorithmus für die Erstlinientherapie ist in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: Erstlinientherapie des Follikulären Lymphoms 
kurative Therapieintention; palliative Therapieintention;
1 RF – Risikofaktoren (LK ≥ 5–7 cm) [12];
2 AZ - Allgemeinzustand;
3 watch & wait – abwartendes Verhalten unter regelmäßiger Beobachtung;
4 Induktionschemotherapie: siehe Induktionschemotherapien Stadium III/IV, Kapitel 6.1.2;
5 cave: erhöhtes Risiko opportunistischer Infektionen;
6 CVP - Cyclophosphamid / Vincristin / Prednison;
7 Die Rituximab-Monotherapie ist eine therapeutische Alternative für Patienten, die eine geringe Tumorlast aufweisen oder eine Immunchemotherapie nicht tolerieren.
8 CR – komplette Remission, PR – partielle Remission;
9 BSC – Best Supportive Care

6.1.1Stadium I und II

Eine lokale Bestrahlung („involved field’) mit einer Gesamtdosis von 24-30 Gy ist in der Lage, langanhaltende Krankheitsfreiheit und Heilungen zu erzielen [13]. Allerdings nimmt der Anteil der Patienten mit langanhaltender Krankheitskontrolle im Stadium II deutlich ab: so sind nach 10 Jahren im Stadium I (oder LK < 2cm) ca. 85% der Patient*innen, aber lediglich 35% in Stadium II (oder LK > 3-5 cm) weiterhin krankheitsfrei. Allerdings wurden in einer einarmigen Phase II Studie durch eine zusätzliche Rituximab-Gabe die Rezidiv-Rate außerhalb des Bestrahlungsfeldes bei sehr guter Verträglichkeit im historischen Vergleich zu einer alleinigen Strahlentherapie deutlich gesenkt, so dass die Kombination Rituximab/IF Bestrahlung eine Therapieoption darstellt [14]. Im lokalisierten Stadium I mit Bulk (LK ≥ 7 cm) oder im Stadium II ist neben der Strahlentherapie mit oder ohne Rituximab eine Immunchemotherapie wie für die Stadien III und IV im Kapitel 6.1.2 beschrieben, eine Therapieoption.

Vergleichbar den fortgeschrittenen Stadien kann bei Kontraindikationen gegen eine Strahlen– oder systemische Induktionstherapie eine watch & wait Strategie vertreten werden.

6.1.2Stadium III und IV

Bei fehlender Symptomatik ist im fortgeschrittenen Stadium eine abwartende Haltung (watch & wait) indiziert, die Behandlung wird erst beim Auftreten krankheitsassoziierter Symptome (B-Symptome, hämatopoetische Insuffizienz, rasche Lymphomprogression, Organkompression) eingeleitet. Diese Empfehlung beruht darauf, dass durch frühzeitige Chemotherapie oder Rituximab–Monotherapie das Gesamtüberleben der Patient*innen mit fortgeschrittenem follikulärem Lymphom nicht beeinflusst wird [15], siehe Studienergebnisse Follikuläres Lymphom. Eine Orientierungshilfe zur Therapieinitiierung bietet der modifizierte „Groupe d’Etude des Lymphomes Folliculaires (GELF)“ Score (Tabelle 4) [16]. Follikuläre Lymphome mit einem Grad 3A oder einer Mischung aus Grad 1-2 und 3A sollten aufgrund fehlender prospektiver Daten wie follikuläre Lymphome Grad 1-2 behandelt werden, während follikuläre Lymphome Grad 3B wie aggressive Lymphome behandelt werden sollten.

Tabelle 4: Modifizierter GELF-Score (Groupe d’Etude des Lymphomes Folliculaires)  

Als Therapieindikation anerkannte Kriterien:

  • B-Symptome (Gewichtsabnahme > 10 % innerhalb von 6 Monaten oder Fieber > 38 Grad Celsius über 2 Wochen ohne Anhalt für eine Infektion oder Nachtschweiß)

  • Hämatopoetische Insuffizienz (zunehmende Anämie mit Hb < 10 g/dl und/oder Thrombozytopenie < 100.000 /µl)

  • Sehr große Lymphomkonglomerate (> 7 cm im größten Durchmesser, sogenannte "bulky disease")

  • Rasch progrediente Lymphknotenvergrößerungen

  • Lymphombedingtes Kompressionssyndrom

  • Lymphombedingter Pleuraerguß oder Aszites

6.1.2.1Erstlinientherapie - Induktion

Standard für die Induktionstherapie bei ‚medically fit’ Patient*innen ist die Immunchemotherapie, also die Kombination eines Anti-CD20-Antikörpers mit einer Chemotherapie [17].

6.1.2.1.1R1-CHOP2 / Obi3-CHOP

Standardchemotherapie mit guter Wirksamkeit und ausreichend guter Verträglichkeit: geringe Stammzelltoxizität, daher speziell bei jüngeren Patient*innen zu empfehlen [18]; Risiko für Kardio- und Neurotoxizität, Infektionen sowie Alopezie; Obinutuzumab führt gegenüber Rituximab zu einer Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (Hazard 0,72), nicht der Gesamtüberlebenszeit [1920], siehe Arzneimittelbewertung Obinutuzumab Follikuläres Lymphom.

6.1.2.1.2R-Bendamustin / Obi-Bendamustin

Es besteht eine gute Wirksamkeit von Bendamustin bei insgesamt guter Verträglichkeit. Daher ist die Substanz speziell bei älteren Patient*innen zu empfehlen. Allerdings besteht ein Risiko zum Teil schwerer opportunistischer Infektionen sowohl in Kombination mit Rituximab als auch mit Obinutuzumab, weshalb unter und nach Chemotherapie eine antibakterielle (Pneumocystis – jirovecii) und CMV Monitoring bzw. ggf. antivirale Prophylaxe (CMV) empfohlen wird. Bei Patient*innen mit follikulärem Lymphom Grad 1-2 ist R-Bendamustin dem R-CHOP in zwei Studien zumindest gleichwertig in Bezug auf das progressionsfreie und das Gesamtüberleben [2122]. Obinutuzumab führt gegenüber Rituximab zu einer Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (Hazard 0,63), jedoch nicht der Gesamtüberlebenszeit (siehe auch Arzneimittelbewertung Obinutuzumab Follikuläres Lymphom).

6.1.2.1.3R-CVP4 / Obi-CVP

R-CVP4 / Obi-CVP hat eine gute Wirksamkeit bei guter Verträglichkeit, und ist daher eine Option bei älteren Patienten [20] (siehe auch Arzneimittelbewertung Obinutuzumab Follikuläres Lymphom).

4 CVP – Cyclophosphamid, Vincristin, Predniso(lo)n.

6.1.2.1.4R – Lenalidomid (R²)

in der RELEVANCE-Studie war die Kombination Rituximab/Lenalidomid der Kombination aus Rituximab/Standardchemotherapie gleichwertig in Bezug auf das progressionsfreie Überleben nach 3 Jahren (77 vs 78%), die Rate kompletter Remissionen (48% vs 53%) und die Nebenwirkungsrate [23]. Lenalidomid ist in dieser Indikation nicht zugelassen (siehe Follikuläres Lymphom Zulassungsstatus).

6.1.2.1.5Antikörpermonotherapie

Eine Antikörpermonotherapie (Rituximab) stellt eine therapeutische Alternative für die Patient*innen dar, die eine geringe Tumorlast aufweisen oder eine (Immun)chemotherapie nicht tolerieren [24].

6.1.2.2Erstlinientherapie - Konsolidierung / Erhaltung
  • Eine Erhaltungstherapie mit Rituximab (alle 8 Wochen 375 mg/m2 über 2 Jahre) bei Patient*innen mit Ansprechen auf eine Erstlinien-Immunchemotherapie (komplette oder partielle Remission) führt zu einer signifikanten Verlängerung des progressionsfreien Überlebens, allerdings nicht zu einer Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit [25]. Die Rate von Infektionen im Grad 3/4 war erhöht. Im Kontext der aktuellen COVID-19 Pandemie ist eine Erhaltungstherapie mit einem anti-CD20 Antikörper kritisch zu sehen. Ein Vergleich einer initialen Obinutuzumab-Chemotherapie gefolgt von einer Erhaltung mit Obinutuzumab war einer Rituximab-Chemotherapie gefolgt von einer Rituximab-Erhaltung hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens signifikant überlegen (siehe Kapitel 6.1.2.1). In Subgruppenanalysen der Zulassungsstudie ist der Vorteil von Obinutuzumab deutlicher bei Patient*innen mit intermediärem oder hohem FLIP-Index.

  • Nach einer Antikörpermonotherapie (Rituximab) bei Patient*innen mit geringer Tumorlast führt ein abwartendes Verhalten gefolgt von einer Rituximab-Re-Therapie im Rezidiv oder Progression verglichen mit einer Erhaltungstherapie zu gleichen Krankheitskontrollraten [26].

  • Für die myeloablative Hochdosistherapie mit nachfolgender autologer Stammzelltransplantation (ASZT) in erster Remission wurde bisher keine Verbesserung des Gesamtüberlebens nach Rituximab-haltiger Chemotherapie gezeigt. Die Hochdosistherapie wird in erster Remission nicht empfohlen.

Weitere Informationen zu den Medikamenten sind in Follikuläres Lymphom Zulassungsstatus zusammengefasst.

6.1.3Rezidiv

Vor Einleitung einer Therapie im Rezidiv ist eine erneute Lymphknotenexstirpation oder -biopsie zur Histologiegewinnung anzustreben, um eine sekundäre Transformation in ein aggressives Lymphom auszuschließen. Mittels PET kann vorher die Läsion mit der höchsten Anreicherung (SUV – Standard Uptake Value) identifiziert werden. Das Transformationsrisiko liegt bei etwa 2%/Jahr. Auch im Rezidiv besteht eine Therapieindikation erst beim Auftreten krankheitsassoziierter Symptome.

6.1.3.1Rezidiv - Induktion

Auch im Rezidiv ist die Immunchemotherapie häufig Standard. Die Wahl des Schemas erfolgt in Abhängigkeit von der Primärtherapie. Bei einem Rezidiv >2Jahre nach Therapieende kann die initiale Therapie wiederholt werden. Alternativ ist ein Wechsel des Chemotherapie-Regimes vorzuziehen. Tritt das Rezidiv nach initialer Rituximab/Chemotherapie innerhalb von 6 Monaten nach der letzten Rituximab-Gabe auf, führt die Kombination von Obinutuzumab/Bendamustin, gefolgt von einer Obinutuzumab-Erhaltungstherapie, gegenüber Bendamustin-Monotherapie zu einer Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (HR 0,47; Median 15,4 Monate) und zur Verlängerung der Überlebenszeit (HR 0,62; Median nicht erreicht) [27].

Bei Patient*innen mit Rezidiv oder Refraktärität nach einer oder mehreren Vortherapien führte die Kombination von Lenalidomid mit Rituximab gegenüber einer Rituximab-Monotherapie zu einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (Hazard Ratio 0,40; Median 20 Monate). Ein möglicher, positiver Einfluss von Lenalidomid/Rituximab auf die Gesamtüberlebenszeit ist nicht abschließend beurteilbar [28] siehe auch Follikuläres Lymphom Zulassungsstatus).

Bei Patient*innen, die auf zwei vorherige Behandlungen nicht angesprochen haben, ist der Phosphoinositid-3-kinase (PI3K) - Inhibitor Idelalisib als Monotherapie zugelassen. In einer Phase-II-Studie konnte bei Patienten mit follikulärem Lymphom, die gegen eine vorherige Therapie mit Rituximab und Alkylanzien refraktär waren, mit Idelalisib eine Ansprechrate von 56% erzielt werden [29]. Die Patient*innen sprachen rasch nach einem Median von 1,9 Monaten an. Aufgrund erhöhter Mortalität durch opportunistische Infektionen unter einer Kombinationstherapie wird empfohlen, bei allen mit Idelalisib behandelten Patient*innen regelmäßig klinische und Laboruntersuchungen auf eine Infektion mit dem Cytomegalievirus (CMV) durchzuführen und bei Verdacht auf eine Infektion oder Virämie die Behandlung mit Idelalisib abzubrechen. Zudem sollte bei allen Patient*innen eine Prophylaxe gegen eine Pneumocystis – jirovecii – Pneumonie erfolgen. Neuere Daten zeigen eine hohe Wirksamkeit des PI3K-Inhibitors Copanlisib in Kombination mit Rituximab beim rezidivierten/refraktären Lymphom mit verbesserter Verträglichkeit im historischen Vergleich zu Idelalisib [30]. Copanlisib ist für refraktäre/rezidivierte follikuläre Lymphome bisher nur in den USA zugelassen.

6.1.3.2Rezidiv - Konsolidierung / Erhaltung
  • Als Konsolidierung ist die myeloablative Hochdosistherapie mit nachfolgender autologer Stammzelltransplantation eine Option bei jüngeren Patient*innen und frühen Rezidiven innerhalb von 2 Jahren [3132]. Zwei retrospektive Analysen des Langzeitverlaufs von Patient*innen mit frühem Rezidiv deuten auf ein längeres progressionsfreies und Gesamtüberleben hin [33].

  • Eine Erhaltungstherapie mit Rituximab nach erfolgreicher Re-Induktion (eine Infusion 375 mg/m2 alle 3 Monate über 2 Jahre) verlängert signifikant das progressionsfreie Überleben [3435] (siehe auch Follikuläres Lymphom Zulassungsstatus). Allerdings existieren keine Daten zur Wirksamkeit einer Rituximab – Erhaltung bei Patient*innen, die bereits im Anschluss an die Erstlinien-Chemoimmuntherapie eine anti-CD20-Antikörper-Erhaltungstherapie erhalten haben.

  • Alternativ ist in dieser Situation die Radioimmuntherapie (RIT) mit Yttrium-90-Ibritumomab-Tiuxetan zu diskutieren, insbesondere bei Patient*innen mit Rezidiv unter Rituximab-Erhaltungstherapie [36].

  • Die allogene Stammzelltransplantation ist kein Standard für Patient*innen im ersten Rezidiv. Sie kann jedoch im weiteren Verlauf bei jüngeren Patient*innen in gutem Allgemeinzustand insbesondere mit Rezidiv nach autologer Stammzelltransplantation in Erwägung gezogen werden. Sie sollte vorzugsweise im Rahmen von klinischen Studien durchgeführt werden.

  • Erste Daten belegen eine hohe Aktivität von anti-CD19 CAR-T Zellen und bispezifischen Antikörpern (CD3xCD20) bei rezidivierten/refraktären Patient*innen mit FL [3738].

6.2Therapiemodalitäten

6.2.1[Kapitel nicht relevant]

6.2.2[Kapitel nicht relevant]

6.2.3Medikamentöse Tumortherapie

Die Ergebnisse von randomisierten klinischen Studien mit den einzelnen Substanzen und den Kombinationen sind in Studienergebnisse Follikuläres Lymphom zusammengefasst. Informationen über den Zulassungsstatus der für die Therapie des follikulären Lymphoms geeigneten Medikamente sind in Zulassungsstatus Follikuläres Lymphom für Deutschland, Österreich und die Schweiz aufgeführt. Daten zum aktuellen Zulassungsstatus sind in Follikuläres Lymphom Zulassungsstatus zusammengefasst. Details zu den Therapieschemata sind unter Medikamentöse Tumortherapie – Protokolle dargestellt.

6.2.3.1Bendamustin

Bendamustin gehört zu den Stickstoff-Lost-Derivaten. Es ist eine alkylierende Substanz und hat gleichzeitig Eigenschaften eines Purin-Antimetaboliten. In Kombination mit Rituximab war es in einer randomisierten Studie einer Therapie mit R-CHOP in Bezug auf das progressionsfreie Überleben überlegen, in einer zweiten Studie war es dem Kontrollarm nicht unterlegen, siehe Follikuläres Lymphom Studienergebnisse. Die Remissionsraten der Immunchemotherapie liegen über 90%. Die häufigsten Nebenwirkungen von Bendamustin im CTCAE Grad 3/4 sind Neutropenie (23%) und Thrombozytopenie (12%). In Kombination mit Rituximab oder Obinutuzumab, gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit dem jeweiligen Antikörper, können schwere Infektionen auftreten. Die Nebenwirkungen erfordern Dosisanpassungen und ggf. eine antibakterielle (Pneumocystis – jirovecii – Pneumonie) Prophylaxe und ein CMV Monitoring bzw. eine antivirale Prophylaxe (CMV). Andere häufigere Nebenwirkungen sind Fieber, Übelkeit/Erbrechen und Hautexanthem. Die Knochenmarkstoxizität von Bendamustin ist kumulativ und es wurden wiederholt protrahierte Zytopenien nach Bendamustin beobachtet. Die Applikation von Bendamustin erfolgt intravenös.

6.2.3.2Cyclophosphamid

Cyclophosphamid hat eine Wirkung als Monosubstanz bei in indolenten Lymphomen, wird aber vor allem in Kombinationen mit Doxorubicin, Vincristin, Prednison und Rituximab (R-CHOP) eingesetzt. Hauptnebenwirkung von Cyclophosphamid ist die Hämatotoxizität. Bei höheren Dosierungen (>1.000 mg) kann eine hämorrhagische Zystitis auftreten, die durch die prophylaktische Gabe von Uromitexan (Mesna) vermeidbar ist. Cyclophosphamid wird in den gängigen Lymphom-Schemata intravenös appliziert.

6.2.3.3Doxorubicin

Doxorubicin gehört zur Gruppe der Anthrazykline. Es wird vor allem in Kombination mit Cyclophosphamid, Vincristin, Prednison (CHOP) + Rituximab (R-CHOP) eingesetzt und hatte sich vor etwa 10 Jahren als Standard für fitte Patient*innen etabliert. Inzwischen wurde gezeigt, dass die Kombination Bendamustin/Rituximab dem R-CHOP in Bezug auf Remissionsraten und progressionsfreies Überleben gleichwertig ist. Die Remissionsraten liegen über 90%. Hauptnebenwirkungen von Doxorubicin sind Übelkeit/Erbrechen, Alopezie und die Hämatotoxizität. Kritische Langzeitnebenwirkung ist eine Kardiomyopathie, das Risiko steigt ab einer kumulativen Dosis von 550 mg/m2. Nebenwirkungen von CHOP im CTCAE Grad 3/4, die bei mehr als 5% der Patient*innen auftreten, sind Neutropenie, Anämie, Thrombozytopenie, Alopezie und Infektionen. Doxorubicin muss strikt intravenös appliziert werden. Paravasate erfordern sofortige Gegenmaßnahmen.

6.2.3.4Idelalisib

Idelalisib gehört zur Klasse der PI3Kδ-Inhibitoren. Es ist als Monotherapie im Rezidiv zugelassen, siehe Zulassungsstatus Follikuläres Lymphom. Idelalisib wurde in einer Phase-II-Studie bei Patient*innen mit indolenten Lymphomen nach mindestens 2 vorhergehenden Therapieformen und Refraktarität auf Rituximab und Alkylanzien getestet. Die Remissionsrate lag bei 56%, das mediane progressionsfreie Überleben bei 11 Monaten, siehe auch Arzneimittel Bewertung Idelalisib Follikuläres Lymphom. Nebenwirkungen im CTCAE Grad 3/4, die bei mehr als 5% der Patient*innen auftraten, waren Neutropenie (27%), Diarrhoen/Kolitis (16%) mit Auftreten nach einem Median von 6 Monaten, Pneumonien/Dyspnoe (10%), Thrombozytopenie (6%) und Erhöhung der Transaminasen (13%). Diese Nebenwirkungen erfordern eine engmaschige Überwachung der Patient*innen und je nach Schweregrad einen Therapieabbruch oder eine Dosisreduktion. Transaminasenerhöhung und Diarrhoe waren die Nebenwirkungen, die am häufigsten zu einer Dosisreduktion führten [2939]. Aufgrund höherer Mortalität in Studien mit Idelalisib bei der CLL und beim FL durch opportunistische Infektionen wird empfohlen bei allen mit Idelalisib-behandelten Patient*innen regelmäßig klinische und Laboruntersuchungen auf eine Infektion mit dem Cytomegalievirus (CMV) durchzuführen und bei Verdacht auf eine Infektion oder Virämie die Behandlung mit Idelalisib abzubrechen. Zudem sollte allen Patient*innen eine Prophylaxe gegen eine Pneumocystis – jirovecii – Pneumonie erfolgen.

6.2.3.5Obinutuzumab

Obinutuzumab ist ein Anti-CD20 Antikörper mit einer veränderten Glykosylierung. Obinutuzumab führte in Kombination mit Chemotherapie (Bendamustin oder CHOP oder CVP) gegenüber Rituximab/Chemotherapie zu einer Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (Hazard Ratio 0,66) [19], nicht der Gesamtüberlebenszeit, und nicht zur Verbesserung der Lebensqualität, siehe Arzneimittel Bewertung Obinutuzumab Follikuläres Lymphom. In Subgruppenanalysen der Zulassungsstudie ist der Einfluss von Obinutuzumab auf das progressionsfreie Überleben deutlicher bei Patient*innen mit intermediärem oder hohem FLIP-Index. Die einzige schwere Nebenwirkung im CTCAE Grad 3/4, die in der Obinutuzumab-Kombinationstherapie häufiger als im Kontrollarm auftrat, war eine Neutropenie (33%). Lymphompatienten unter Therapie mit einem Anti-CD20 Antikörper sollten auf Hepatitis B (HBs-Antigen und anti-HBc-Antikörper) getestet werden. Wenn der Test für HBs-Antigen und/oder anti-HBc-Antikörper positiv ausfällt, sollte entsprechend der Onkopedia Leitlinie „Antivirale Prophylaxe“ vorgegangen werden. Obinutuzumab führt zu einer langanhaltenden B-Zelldepletion und damit verbunden zu einer eingeschränkten humoralen Antwort auf COVID-19 Impfstoffe (siehe auch Onkopedia Leitlinie Coronavirus-Infektion (COVID-19) bei Patient*innen mit Blut- und Krebserkrankungen).

6.2.3.6Prednison / Prednisolon

Prednison oder Prednisolon sind Bestandteil vieler Therapieschemata beim follikulären Lymphom. Kurzfristige Nebenwirkungen der Glukokortikoide sind Flush, innere Unruhe und Störungen des Glukose-Stoffwechsels. Mittel- und längerfristige Nebenwirkungen entsprechen den Symptomen des Cushing-Syndroms, u. a. Osteoporose, Verlagerung der Fettablagerung und Veränderung des Körperbildes. Kritische Nebenwirkungen, insbesondere in Kombination mit anderen immunsupprimierenden Medikamenten sind Infektionen, vor allem auch viraler und fungaler Genese, aufgrund dieser Verstärkung der Immunsuppression. Glukokortikoide können oral und intravenös appliziert werden.

6.2.3.7Rituximab

Rituximab ist ein chimärer Anti-CD20 Antikörper. Bindung von Rituximab an das B-Zell-Antigen CD20 induziert Komplement-abhängige und Antikörper-abhängige zelluläre Zytotoxizität. Ein weiterer Mechanismus ist Induktion von Apoptose via CD20 Signalübertragung. Rituximab wurde zuerst als Monotherapie für die Therapie von Patient*innen mit indolenten Lymphomen zugelassen. Nachdem in mehreren Studien die Überlegenheit von Rituximab-haltigen Kombinationen gegenüber der alleinigen Chemotherapie gezeigt wurde, ist Rituximab heute fester Bestandteil der Erstlinien-, der Zweitlinien- sowie der Erhaltungstherapie nach erfolgreicher Induktion. Die Wirkung von Rituximab ist Dosis-abhängig. Die häufigsten Nebenwirkungen von Rituximab sind unmittelbar infusionsbedingt mit Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit und allgemeinem Krankheitsgefühl. Ein Zytokin-Release-Syndrom kann zu schwerer Hypotonie mit hohen Temperaturen, Hypoxie und Schocksymptomatik mit Intensivpflichtigkeit führen. Das Auftreten des Zytokin-Release-Syndroms korreliert mit der Tumormasse und ist abhängig von der Rituximab-Dosierung. Rituximab kann intravenös und subkutan appliziert werden. Unter Therapie mit einem Anti-CD20 Antikörper sollte auf Hepatitis B (HBs-Antigen und anti-HBc-Antikörper) getestet werden. Wenn der Test für HBs-Antigen und/oder anti-HBc-Antikörper positiv ausfällt, sollte entsprechend der Onkopedia Leitlinie „Antivirale Prophylaxe“ vorgegangen werden. Rituximab führt zu einer langanhaltenden B-Zelldepletion und damit verbunden zu einer eingeschränkten humoralen Antwort auf COVID-19 Impfstoffe (siehe auch Onkopedia Leitlinie Coronavirus-Infektion (COVID-19) bei Patient*innen mit Blut- und Krebserkrankungen).

6.2.3.8Vincristin

Vincristin gehört zu den Vinca-Alkaloiden. Beim follikulären Lymphom ist es Bestandteil von Kombinationsregimen wie R-CHOP oder R-CVP (R-COP). Spezifische Nebenwirkung ist neben der Hämatotoxizität vor allem eine Polyneuropathie, beginnend als sensorische Missempfindungen der Akren. Vincristin wird intravenös appliziert. Paravasate erfordern sofortige Gegenmaßnahmen.

6.2.3.990Yttrium-Ibritumomab-Tiuxetan

90Yttrium-Ibritumomab-Tiuxetan ist ein Radioimmunkonjugat. Es besteht aus dem murinen Anti-CD20 Antikörper Ibritumumomab und dem reinen β-Strahler 90Yttrium. In der Zulassungsstudie führte es bei Patient*innen mit follikulärem Lymphom nach erfolgreicher Induktion zu einer signifikanten Verlängerung des progressionsfreien Überlebens. Es kann ebenfalls im Rezidiv oder bei Refraktarität nach Rituximab-Therapie eingesetzt werden. Nebenwirkung im CTCAE Grad 3/4, die bei mehr als 5% der Patient*innen auftrat, war eine Lymphozytopenie (60,3%), Neutropenie (66,5%), Thrombopenie (60,8%). Schwere Infektionen traten bei 7,9% der Patient*innen auf [40].

7[Kapitel nicht relevant]

8Verlaufskontrolle und Nachsorge

8.1Verlaufskontrolle

  • Unter und unmittelbar nach Therapie (Therapiekontrolle, Erkennung von Komplikationen und Nebenwirkung)

    • Anamnese und körperliche Untersuchung

    • Blutbild inklusive Differentialblutbild, LDH

    • ggf. weitere Labordiagnostik zur Therapieüberwachung (Ansprechen nach der Hälfte der Therapiezyklen und nach Abschluss der Therapie) und Komplikationskontrolle

    • Ausschluss von Therapiekomplikationen (Labor; bei klinischem Verdacht Echokardiographie, Röntgen Thorax, ggf. Lungenfunktion)

    • Bildgebung bei V.a. Progress unter Therapie ggf. Rebiopsie zum Transformationsausschluß

    • CT Hals, Thorax und Abdomen nach Abschluss der Induktionschemoimmuntherapie

    • Ein „end of treatment“ PET/CT nach Therapieabschluss hat prognostische Bedeutung.

  • Verlaufskontrollen nach Abschluss der Therapie in 3-monatigen Abständen, ab dem dritten Jahr in 6- bis 12-monatigen Abständen als Nachsorge (Remissionsüberwachung bzw. Rezidiverkennung, Erkennung von Langzeittoxizität, z.B. Schilddrüse nach zervikaler Bestrahlung, oder Auftreten sekundärer Neoplasien):

    • Anamnese und körperliche Untersuchung

    • Blutbild inklusive Differentialblutbild

    • LDH

    • Kontrolle initial pathologischer Befunde (bildgebende Verfahren), vorzugsweise mittels Sonographie; der Wert engmaschiger Kontrolle mittels Schnittbildverfahren (CT, MRT) ist in Bezug auf die Langzeitprognose nicht gesichert und sollte daher außerhalb klinischer Studien unterbleiben.

    • weiterführende Diagnostik in Abhängigkeit von den initial und im Verlauf erhobenen Befunden

    • Bestimmung der ‚minimalen Resterkrankung‘ (MRD) nur innerhalb von Studien.

Hinsichtlich einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und einer Erkrankung an COVID-19 wird auf die Onkopedia Leitlinie Coronavirus-Infektion (COVID-19) bei Patient*innen mit Blut- und Krebserkrankungen verwiesen.

9Literatur

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  32. Casulo C, Friedberg JW, Ahn KW et al.: Autologous transplantation in follicular lymphoma with early therapy failure: A National LymphoCare Study and Center for International Blood and Marrow Transplant Research analysis. Biol Blood Marrow Transplant 24:1163-1171, 2018. DOI:10.1016/j.bbmt.2017.12.771

  33. Jurinovic V, Metzner B, Pfreundschuh M et al.: Autologous stem cell transplantation for patients with early progression of follicular lymphoma: a follow-up study of 2 randomized trials from the German Low Grade Lymphoma Study Group. Biol Blood Marrow Transplant 24:1172-1179, 2018. DOI:10.1016/j.bbmt.2018.03.022

  34. van Oers MH, Van Glabbeke M, Giurgea L et al. Rituximab maintenance treatment of relapsed/resistant follicular non-Hodgkin's lymphoma: long-term outcome of the EORTC 20981 phase III randomized intergroup study. J Clin Oncol 28: 2853-2858, 2010. DOI:10.1200/JCO.2009.26.5827

  35. Vidal L, Gafter-Gvili A, Salles G, et al.: Rituximab maintenance improves overall survival of patients with follicular lymphoma-Individual patient data meta-analysis. Eur J Cancer 76:216-225, 2017. DOI:10.1016/j.ejca.2017.01.021

  36. Morschhauser F, Radford J, Van Hoof A et al.: 90Yttrium-ibritumomab tiuxetan consolidation of first remission in advanced-stage follicular non-Hodgkin lymphoma: updated results after a median follow-up of 7.3 years from the International, Randomized, Phase III First-Line Indolent trial. J Clin Oncol 31: 1977-1983, 2013. DOI:10.1200/JCO.2012.45.6400

  37. Jacobson CA, Chavez JC, Sehgal AR, et al.: Axicabtagene ciloleucel in relapsed or refractory indolent non-Hodgkin lymphoma (ZUMA-5): a single-arm, multicentre, phase 2 trial. Lancet Oncol 23:91-103, 2022. DOI:10.1016/S1470-2045(21)00591-X

  38. Budde LE, Assouline S, Sehn LH, et al.: Single-Agent Mosunetuzumab Shows Durable Complete Responses in Patients With Relapsed or Refractory B-Cell Lymphomas: Phase I Dose-Escalation Study. J Clin Oncol 40:481-491, 2022. DOI:10.1200/JCO.21.00931

  39. Salles G, Schuster SJ, de Vos S, et al.: Efficacy and safety of idelalisib in patients with relapsed, rituximab- and alkylating agent-refractory follicular lymphoma: a subgroup analysis of a phase 2 study. Haematologica 102:e156-e159, 2017. DOI:10.3324/haematol.2016.151738

  40. Morschhauser F, Radford J, Van Hoof A, et al.: Phase III trial of consolidation therapy with yttrium-90-ibritumomab tiuxetan compared with no additional therapy after first remission in advanced follicular lymphoma. J Clin Oncol 26:5156-5164, 2008. DOI:10.1200/JCO.2008.17.2015

10 [Kapitel nicht relevant]

11Medikamentöse Tumortherapie – Protokolle

12Studienergebnisse

13Zulassungsstatus

15Anschriften der Verfasser

Prof. Dr. med. Christian Buske
Universitätsklinikum Ulm
Innere Medizin III
Inst. f. Experimentelle Tumorforschung
Albert-Einstein-Allee 11
89081 Ulm
Prof. Dr. med. Martin Dreyling
Klinikum der Universität München
Med. Klinik und Poliklinik III Großhadern
Marchioninistr. 15
81377 München
Prof. Dr. med. Klaus Herfarth
Universitätsklinikum Heidelberg
Radioonkologie & Strahlentherapie
Im Neuenheimer Feld 400
69120 Heidelberg
Prof. Dr. med. Anna Lena Illert
Klinikum rechts der Isar der TU München
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III
Hämatologie und Onkologie
Ismaninger Str. 22
81675 München
Prof. Dr. Peter Neumeister
LKH-Universitätsklinikum Graz
Innere Medizin
Klinische Abt. f. Onkologie
Auenbrugger Platz 15
A-8036 Graz
Prof. Dr. med. Christian Scholz
Vivantes Klinikum Am Urban
Klinik für Innere Medizin,
Hämatologie und Onkologie
Dieffenbachstr. 1
10967 Berlin
PD Dr. med. Wolfgang Willenbacher
Universitätsklinikum Innsbruck
Innere Med. V
Hämato-Onkologie
Anichstr. 35
A-6020 Innsbruck
Prof. Dr. med. Thorsten Zenz
UniversitätsSpital Zürich
Zentrum für Hämatologie und Onkologie​
Rämistr. 100
CH-8091 Zürich

16Erklärungen zu möglichen Interessenkonflikten

Autor*in Anstellung1 Beratung / Gutachten2 Aktien / Fonds3 Patent / Urheberrecht / Lizenz4 Honorare5 Finanzierung wissenschaftlicher Untersuchungen6 Andere finanzielle Beziehungen7 Persönliche Beziehung zu Vertretungsberechtigten8
Buske, Christian
Universitätsklinikum Ulm
Ja
Gilead Sciences, Janssen, Roche, Pfizer, BeiGene, Celltrion, AbbVie, Incyte, Regeneron, MorphoSys, Novartis
Nein
Nein
Ja
Roche/Genentech, Janssen, BeiGene, Novartis, Pfizer, Incyte, AbbVie, Gilead Sciences, Celltrion, MorphoSys, Regeneron
Ja
Roche/Genentech, Janssen, Celltrion, MSD, Pfizer, Amgen,
Nein
Nein
Dreyling, Martin
LMU Klinikum der Universität München
Ja
Astra Zeneca, Bayer, Beigene, BMS/Celgene, Genmab, Gilead/Kite, Incyte, Janssen, Lilly/Loxo, Morphosys, Novartis, Roche
Nein
Nein
Ja
Rednerhonorare: Amgen, Astra Zeneca, Bayer, BMS/Celgene, Gilead/Kite, Incyte, Janssen, Novartis, Roche
Ja
institutionelle Zuwendungen: Abbvie, Bayer, BMS/Celgen, Gilead/KIte, Janssen, Roche
Ja
Förderung von Kongressreisen: Celgene, Janssen, Roche
Nein
Herfarth, Klaus
Universitätsklinikum Heidelberg
Nein
Nein
Nein
Nein
Ja
Roche Pharma AG: Studienunterstützung
Nein
Nein
Illert, Anna Lena
Uniklinik Freiburg
Ja
Advisory Board: Janssen, Roche, Takeda, Incyte
Nein
Nein
Ja
Vortragstätigkeit: Takeda, Roche, Janssen, AstraZeneca, Ars tempi
Nein
Ja
Reisekostenerstattung: Roche, Janssen, Takeda, AstraZeneca
Nein
Neumeister, Peter
Medizinische Universität Graz
Ja
Amgen, Janssen, CSL Behring, Bayer, Roche,
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Scholz, Christian
Vivantes Klinikum Am Urban, Berlin
Ja
Roche, GILEAD, Janssen-Cilag, Daiichi Sankyo, Merck KGaA, Celgene, Novartis
Nein
Nein
Ja
Roche, Janssen-Cilag, Takeda, Pfizer, AstraZeneca, Lilly, MSD, Incyte
Nein
Ja
Roche, Janssen-Cilag
Nein
Willenbacher, Wolfgang
Innsbruck University Hospital, Internal Medicine V: Haematology & Oncology & syndena, connect to cure bitte nachfragen, ob letzteres wirklich ein Arbeitgeber ist.
Ja
AMGEN, BMS - Celgene, EUSA Pharma, Gilead, GSK, Incyte, Janssen, Kite, Novartis, Morphosys, Merck, Pfizer, Roche, Sandoz, Sanofi, Takeda
Nein
Nein
Ja
AMGEN, Abbvie, BMS - Celgene, EUSA Pharma, Fujimoto , Gilead, GSK, Incyte, Janssen, Myelom- und Lymphomselbsthilfe Österreich, Novartis, Pfizer, Roche, Sandoz, Sanofi, Takeda
Ja
AMGEN, BMS, Celgene , Janssen, Novartis, Roche, Sanofi, Takeda Bitte hier nochmals nachfragen, ob folgende Punkte nicht herausgenommen werden sollen (siehe Angaben der linken Spalte): oncotyrol ? European Commission (FP7 - OPTATIO) Bundesland Tirol Programm: „Translational research“
Nein
Nein
Zenz, Thorsten
USZ, Zürich
Ja
Gilead, Abbvie, Roche, Janssen, Novartis, Takeda, Janpix, GSK,
Nein
Nein
Ja
Gilead, Abbvie, Roche, Janssen, Novartis, Takeda, GSK,
Ja
Janpix
Nein
Nein
1 - Gegenwärtiger Arbeitgeber, relevante frühere Arbeitgeber der letzten 3 Jahre (Institution/Ort)
2 - Tätigkeit als Berater*in bzw. Gutachter*in oder bezahlte Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat / Advisory Board eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft (z. B. Arzneimittelindustrie, Medizinproduktindustrie), eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung
3 - Besitz von Geschäftsanteilen, Aktien, Fonds mit Beteiligung von Unternehmen der Gesundheitswirtschaft
4 - Betrifft Arzneimittel und Medizinprodukte
5 - Honorare für Vortrags- und Schulungstätigkeiten oder bezahlte Autor*innen oder Koautor*innenschaften im Auftrag eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung
6 - Finanzielle Zuwendungen (Drittmittel) für Forschungsvorhaben oder direkte Finanzierung von Mitarbeiter*innen der Einrichtung von Seiten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftrags-instituts oder einer Versicherung
7 - Andere finanzielle Beziehungen, z. B. Geschenke, Reisekostenerstattungen, oder andere Zahlungen über 100 Euro außerhalb von Forschungsprojekten, wenn sie von einer Körperschaft gezahlt wurden, die eine Investition im Gegenstand der Untersuchung, eine Lizenz oder ein sonstiges kommerzielles Interesse am Gegenstand der Untersuchung hat
8 - Persönliche Beziehung zu einem/einer Vertretungsberechtigten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft

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Reference:

Quellenangabe:

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