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Traubensilberkerze (Actaea racemosa)

Die Kapitel zu komplementären und alternativen Therapieverfahren wurden auf der Grundlage von Übersetzungen der evidenzbasierten Zusammenfassungen (CAM Summaries) des europäischen Projektes CAM Cancer erstellt. Diese sind strukturierte Übersichtsarbeiten, in denen Daten zu Grundlagen und Anwendung komplementärmedizinischer Verfahren in Form von kurzen Monographien aufbereitet wurden.

Stand Juli 2015
Dies ist die aktuell gültige Version des Dokuments

1Zusammenfassung

Traubensilberkerze (Actaea racemosa, gleichbedeutend mit Cimicifuga racemosa) ist eine Arzneipflanze, die traditionell von Indianern zur Behandlung von menstruellen, klimakterischen und anderen Beschwerden benutzt wurde. Traubensilberkerzenextrakte werden als Alternative zur Hormonersatztherapie für die Behandlung von Hitzewallungen im Klimakterium empfohlen.

Die derzeitige Evidenz aus einem systematischen Review mit fünf randomisierten klinischen Studien und 21 vorklinischen Studien und zwei prospektiven Beobachtungsstudien ist nicht ausreichend für die Anwendung von C. racemosa zur Behandlung von Hitzewallungen bei Brustkrebspatientinnen während einer Chemotherapie oder während der Anwendung von Tamoxifen. In allen Studien außer einer waren Traubensilberkerzen-Extrakte nicht wirksamer als Placebo.

Die Durchsicht von präklinischen und klinischen Studien ergibt, dass die Anwendung von Extrakten aus der Traubensilberkerze sicher ist. Bei bestehendem Leberschaden ist C. racemosa kontraindiziert.

2Grundlagen

2.1Beschreibung

Traubensilberkerze (Actaea racemosa, gleichbedeutend mit: Cimicifuga racemosa) ist eine Arzneipflanze, die aus dem Osten Nordamerikas stammt. Traubensilberkerzen-Produkte sind auf dem Markt handelsüblich erhältlich, zum Beispiel als Remifemin®, ein isopropanolischer Extrakt, standardisiert auf 1mg Triterpengehalt pro 20mg Extrakt [1]. Ein anderer standardisierter ethanolischer Extrakt ist BNO 1055 (Menofem®/Klimadynon®) [2].

2.2Terminologie

Traubensilberkerze (Actaea racemosa, gleichbedeutend mit: Cimicifuga racemosa)

2.3Zusammensetzung

Die charakteristischen Inhaltsstoffe der Wurzeln und Wurzelstöcke von C. racemosa sind sowohl Triterpenoide des Typs Cycloartenol und Cimicifugosid als auch Zimtsäurederivate [3].

2.4Anwendung

C. racemosa ist als Nahrungsergänzungsmittel, gewöhnlich in Tablettenform, erhältlich. Die allgemein übliche Tagesdosis liegt zwischen 40 und 80 mg Trockenwurzelextrakt.

2.5Geschichte

C. racemosa wurde und wird von den Indianern und Europäern in der traditionellen Medizin bei gynäkologischen Beschwerden wie zum Beispiel Amenorrhö angewendet [4]. Erstmals wurde sie 1830 in der U.S. Pharmacopoeia unter dem Namen „black snakeroot“ aufgeführt[5]. In Europa ist der Gebrauch seit 40 Jahren weit verbreitet und C. racemosa wurde in Deutschland in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts zur Behandlung von menopausalen Beschwerden, Dysmenorrhö und klimakterischen neurovegetativen Beschwerden eingeführt. In letzter Zeit wird die Traubensilberkerze zur Behandlung von klimakterischen Symptomen, wie zum Beispiel Hitzewallungen genutzt.

2.6Indikationen

Die Behandlung von Brustkrebs kann zu einer vorzeitigen Menopause führen, mit typischen klimakterischen Beschwerden. Hitzewallungen sind die Hauptnebenwirkungen des häufig in der Brustkrebsbehandlung eingesetzten Tamoxifen. Die Hormonersatztherapie (HET) zur Behandlung von klimakterischen Beschwerden bei Brustkrebspatientinnen ist nicht angezeigt, da Evidenz für einen Zusammenhang zwischen der Langzeiteinnahme von HET und einem erhöhten Risiko für Brustkrebs besteht [6]. Außerdem stimuliert HET potentiell das Krebswachstum [7]. Deshalb besteht ein wachsendes Interesse daran, sichere und wirksame Alternativen zur HET für die Behandlung von klimakterischen Symptomen bei Brustkrebspatientinnen zu finden. Pflanzliche Mittel wie unter anderem auch Traubensilberkerze werden als Alternative zur HET in der Behandlung von Hitzewallungen genutzt [8].

2.7Wirkmechanismen

Es werden verschiedene Wirkungsmechanismen vorgeschlagen, wie die Hemmwirkung auf den Hypothalamus oder die Wirkung auf Neurotransmitter [9] oder eine mögliche phytoöstrogene Wirkung [10].

2.8Verbreitung

Es liegen keine spezifischen Daten für die Anwendung von C. racemosa bei Krebspatienten vor.

2.9Zulassung

In den meisten europäischen Ländern und den USA gelten pflanzliche Produkte einschließlich pflanzlicher Arzneien als Nahrungsergänzungsmittel. Jedoch erlaubt die europäische Richtlinie zu traditionellen pflanzlichen Medizinprodukten, dass pflanzliche Arzneien als Medikamente registriert werden dürfen, wenn sie seit mindestens 30 Jahren (einschließlich mindestens 15 Jahre innerhalb der EU) im medizinischen Gebrauch waren [11].

2.10Kosten

Die durchschnittlichen Tageskosten für z.B. Remifemin® belaufen sich auf etwa € 0,50.

3Wirksamkeit

3.1Traubensilberkerze bei klimakterischen Beschwerden

3.1.1Übersichtsarbeiten

Eine systematische Übersichtsarbeit von Walji et al. (2007) bezüglich der Sicherheit und Wirksamkeit von C. racemosa bei Krebspatienten schloß fünf klinische und 21 vorklinische Studien ein [12]. Die Ergebnisse zur Wirksamkeit bei Hitzewallungen in Zusammenhang mit dem Klimakterium von Frauen mit Mammakarzinom sind im Allgemeinen nicht beweiskräftig; die vorliegenden Ergebnisse sind widersprüchlich und alle Studien haben signifikante methodische Schwächen. Die C. racemosa schien keine phytoöstrogene Wirkungen zu besitzen.

Die Übersichtsarbeit zeigte, dass obwohl in Laborstudien Anhaltspunkte für antiproliferative Eigenschaften der Traubensilberkerzenextrakte beobachtet werden, ihre protektiven Eigenschaften in der Krebsprävention in klinischen Studien allerdings nicht bestätigt werden konnten.

3.1.2Klinische Studien

Es konnten keine zusätzlichen klinischen Studien identifiziert werden.

3.1.3Beobachtungstudien und Fallserien

Eine prospektive Kohortenstudie mit 35.016 Teilnehmerinnen und einer mittleren Nachbeobachtungszeit von sechs Jahren, konnte keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (einschl. C. racemosa) gegen menopausale Beschwerden und Brustkrebsrisiko finden [13].

In einer weiteren prospektiven Beobachtungsstudie [14] mit 50 Brustkrebspatientinnen, die Tamoxifen einnahmen, erfolgte durch die sechsmonatige Einnahme von C. racemosa eine signifikante Minderung von Klimakteriumsbeschwerden (total menopause rating scale, MRS II). Hitzewallungen, Schwitzen, Schlafstörungen und Angstgefühle wurden besser, während sich urogenitale und muskuloskelettale Beschwerden nicht veränderten.

3.1.4Vorklinische Studien

Die systematische Übersichtsarbeit, die 21 präklinische Studien umfasst, kommt zu dem Schluss, dass es einen potentiellen, antiproliferativen Effekt auf Brust- und Prostatakrebszellen gibt, und daher theoretisch günstige Auswirkungen bei Prostatakrebspatienten bestehen könnten [12]. Dies beruht jedoch wahrscheinlich nicht auf einer östrogenen Wirkkomponente, weil vorklinische Studien durchgehend das Fehlen einer spezifischen östrogenen Aktivität festgestellt haben. Die in in-vitro und in-vivo Modelle für Brust- und Prostatakrebs beobachteten antiproliferativen Wirkungen sind wahrscheinlich durch günstige Veränderungen der anti- und proapoptotischen Zelleregulation bedingt [12].

Die jüngste In-vitro Studie, die 9 pflanzliche Extrakte und 23 Isoflavonoide untersuchte, fand unter anderem für C. racemosa eine starke inhibitorische Wirkung auf den durch das Breast Cancer Resistance Protein (BCRP) bedingten transmembranären Transport von Methotrexat [15]. In einem Tierversuch konnten für C. racemosa günstige Auswirkungen in der Prävention und auch in der Therapie des Brustkrebs durch Herunterregulierung von mitochondrialen Genen der oxidativen Phosphorylierung gesehen werden, allerdings waren diese Ergebnisse nicht einheitlich [16]. In einem neueren Tierversuch zeigte sich für C. racemosa ein chemopräventives Potential gegenüber Brustkrebs, bedingt durch den immunhistochemischen Nachweis einer verminderten Ki-67 und Cyclin D1 Proteinexpression bei Fibroadenomen [17].

4Sicherheit

4.1Nebenwirkungen

Zu den in den klinischen Studien beobachteten leichten Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Schwindel, Brustschmerz und Gewichtszunahme [181920].

Der oben genannte systematische Übersichtsartikel von Walji et al. bezüglich Traubensilberkerze bei Krebspatienten kam zu dem Schluss, dass Traubensilberkerze scheinbar ein relativ gutes Sicherheitsprofil hat. [12]. Ein anderer systematischer Übersichtsartikel zur allgemeinen Sicherheit der Traubensilberkerze (nicht nur Tumorpatienten) erfasste 13 klinische Studien mit mehr als 2.800 Patienten [21]. Alle Studien deuten auf eine relative Sicherheit hin: 97 % aller beobachteten Nebenwirkungen sind schwach und die einzigen starken schienen nicht in kausalem Zusammenhang mit der Einnahme von Traubensilberkerze zu stehen. Dies entspricht den Ergebnissen eines früheren Übersichtsartikels [22]. Kürzlich erschienene klinische Studien in der allgemeinen Bevölkerung bestätigen diese Ergebnisse [23242526].

Als Reaktion auf den potentiellen Zusammenhang von Traubensilberkerze und Lebertoxizität ergab ein systematischer Übersichtsartikel des Dietary Supplement Information Expert Committee des US Pharmacopeia Council of Experts, welcher 2008 veröffentlicht wurde, dass alle Berichte von Leberschäden von einem möglichen Kausalzusammenhang, nie aber von einer wahrscheinlichen oder sicheren Kausalität sprachen [27]. Die klinischen, pharmakokinetischen und tiertoxokologischen Informationen enthüllen keine ungünstigen Eigenschaften der Traubensilberkerze.

Ein 2011 veröffentlichter, systematischer Übersichtsartikel, der fünf randomisierte doppel-blinde klinische Studien umfasste, in denen 1.117 Frauen täglich über drei bis sechs Monate mit Traubensilber-Extrakt behandelt wurden, lieferte ebenfalls keine Evidenz für einen nachteiligen Effekt auf die Leberfunktion [28]. Diese Ergebnisse bestätigen auch die Ergebnisse der 2007 von Walji et al. veröffentlichten systematischen Übersichtsarbeit über fünf RCTs und 21 präklinische Studien [12].

Es wurden die acht neusten Arbeiten identifiziert, die veröffentlichte und spontane Fallberichte (Anzahl variiert von 22 bis 75) von ursprünglich Traubensilberkerze zugeschriebener Lebertoxizität überprüften. In allen Studien konnte in keinem der Fälle ein Kausalzusammenhang mit der pflanzlichen Arznei gefunden werden [2930313233343536].

4.2Kontraindikationen

Ein bereits bestehender Leberschaden gilt als Kontraindikation.

4.3Interaktionen

In einem Experiment an Mausbrustkrebszelllinien [37] zeigte sich, dass Traubensilberkerze die Wirkung von Substanzen, die gewöhnlich zur Behandlung von Brustkrebs verwendet werden, verändert. In diesem Experiment erhöhte der Traubensilberkerzen-Extrakt die Zytotoxizität von Doxorubicin und Docetaxel und verringerte die Zytotoxizität von Cisplatin.

4.4Warnung

Basierend auf einem Sicherheitsgutachten des Dietary Supplement Information Expert Committees [27] wurde beschlossen, dass Traubensilberkerzen-Produkte mit einer Sicherheitswarnung versehen werden sollen. Dies stellt eine Änderung der Entscheidung des Expert Committees von 2002 dar, die eine solche Warnung nicht verlangte.

5Literatur

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  3. Mahady GB, Fabricant D, Chadwick LR, Dietz B: Black cohosh: an alternative therapy for menopause? Nutr Clin Care 5:283-289, 2002. PMID:12557811

  4. Anonymous. Cimicifuga racemosa. Monograph. Alternative Medicine Review 8:186-189, 2003. http://www.altmedrev.com/publications/8/2/186.pdf

  5. Blumenthal M, ed. Herbal Medicine: Expanded Commission E Monographs. 1st ed. Newton, Mass: Integrative Medicine Communications; 2000.

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  21. Borrelli F. Ernst E: Black cohosh (Cimicifuga racemosa): a systematic review of adverse events. American Journal of Obstetrics & Gynecology 199:455-466, 2008. DOI:10.1016/j.ajog.2008.05.007

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  30. Teschke R, Schmidt-Taenzer W, Wolff A. Spontaneous reports of assumed herbal hepatotoxicity by black cohosh: is the liver-unspecific Naranjo scale precise enough to ascertain causality? Pharmacoepidemiol Drug Saf 20:567-582, 2011. DOI:10.1002/pds.2127

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  32. Huang Y, Jiang B, Nuntanakorn P et al.: Fukinolic acid derivatives and triterpene glycosides from black cohosh inhibit CYP isozymes, but are not cytotoxic to Hep-G2 cells in vitro. Curr Drug Saf 5:118-124, 2010. PMID:20406160

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  34. Teschke R, Bahre R, Fuchs J, Wolff A: Black cohosh hepatotoxicity: quantitative causality evaluation in nine suspected cases. Menopause 16:956-965, 2009. DOI:10.1097/GME.0b013e31819d3904

  35. Teschke R, Bahre R, Genthner A et al.: Suspected black cohosh hepatotoxicity--challenges and pitfalls of causality assessment. Maturitas 63:302-314, 2009. DOI:10.1016/j.maturitas.2009.05.006

  36. Teschke R, Schwarzenboeck A: Suspected hepatotoxicity by Cimicifugae racemosae rhizoma (black cohosh, root): critical analysis and structured causality assessment. Phytomedicine 16:72-84, 2009. DOI:10.1016/j.phymed.2008.09.009

  37. Rockwell S, Liu Y, Higgins SA. Alteration of the effects of cancer therapy agents on breast cancer cells by the herbal medicine black cohosh. Breast Cancer Res Treat 90:233-239, 2005. PMID:15830136

6[Kapitel nicht relevant]

7[Kapitel nicht relevant]

8[Kapitel nicht relevant]

9[Kapitel nicht relevant]

10Anschriften der Experten

CAM-Cancer Consortium
NAFKAM - The National Research Center
in Complementary and Alternative Medicine
UiT The Arctic University of Norway
NO 9037 Tromsø
Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie - KOKON
Klinik für Innere Medizin 5, Schwerpunkt Onkologie/Hämatologie
Universitätsklinik der Paracelsus Medizinische Privatuniversität
Klinikum Nürnberg
Prof.-Ernst-Nathan-Str. 1
90419 Nürnberg

11Erklärungen zu möglichen Interessenskonflikten

KOKON wird gefördert durch die Deutsche Krebshilfe.

CAM-Cancer erhält finanzielle Unterstützung von der Krebsliga Schweiz und der Stiftung Krebsforschung Schweiz für die deutschen Übersetzungen.

12Mitwirkung

Das Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie – KOKON koordinierte den Prozess der Fachübersetzung. Die englische Originalversion übersetzten Martha Bohus und Ulrike Heiß, Conference Consulting, Interpreting and Translations, Königsbrunn. Die Begutachtung und Bearbeitung der deutschen Version erfolgte durch KOKON und wurde durch CAM-CANCER freigegeben.

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Reference:

Quellenangabe:

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