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Inhaltsverzeichnis

Weichteilsarkome

Stand März 2011

1Definition und Basisinformation

Weichteilsarkome repräsentieren eine Gruppe verschiedener Tumorentitäten mesenchymalen Ursprungs mit vielfach charakteristischen molekulargenetischen Merkmalen. Ihre Häufigkeit beträgt etwa 1% aller malignen Tumoren des Erwachsenen und ca. 15% kindlicher/juveniler Tumoren. Die jährliche Inzidenz liegt bei ca. 1,5-2 pro 100.000 Einwohner. Die häufigste Lokalisation findet sich im Bereich der Extremitäten mit ca. 60%, gefolgt von retro- und intraperitonealen Sarkomen einschließlich der GIST (20-35%) und Sarkomen des Körperstamms und der Kopf-Hals-Region (15-20%).

2Diagnostik

Sorgfältige Anamnese und komplette körperliche Untersuchung sind Grundlage rationeller Diagnostik. Das diagnostische Vorgehen bei klinischem Verdacht auf ein Weichteilsarkom ist in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: Algorithmus für die Diagnostik bei klinischem Verdacht auf ein Weichteilsarkom 
Algorithmus für die Diagnostik bei klinischem Verdacht auf ein Weichteilsarkom
1MRT - Magnetresonanztomographie;2 CT - Computertomographie

2.1Bildgebende Diagnostik

Bei Verdacht auf ein Weichteilsarkom erfolgt die lokale Ausbreitungsdiagnostik vor (!) Durchführung der Biopsie. Methode der Wahl ist die Magnetresonanztomographie (MRT). Bei Kontraindikationen für ein MRT oder V.a. auf eine ossäre Beteiligung werden eine Computertomographie (CT), konventionelle Röntgen-Untersuchungen und eine Sonographie durchgeführt. In Einzelfällen kann eine ergänzende PET-CT Untersuchung sinnvoll sein.

Die systemische Ausbreitungsdiagnostik erfolgt mittels einer CT-Untersuchung von Thorax, Abdomen/Becken oder Ganzkörper-MRT-Untersuchung. In Einzelfällen kann zur Verlaufsbeurteilung eine PET- oder PET-CT-Befundklärung ergänzend sinnvoll sein.

2.2Biopsie

Die Biopsie ist die logische Konsequenz nach erfolgter Bildgebung bei dem Verdacht auf ein Weichteilsarkom. Ziel ist es, ausreichend repräsentatives Tumorgewebe für die Typisierung und für die Bestimmung des Grading zu erhalten. Die Biopsie sollte zweckmäßigerweise dort erfolgen, wo auch die weitere interdisziplinäre Therapie vorgehalten wird und ist in jedem Fall mit dem Operateur zu planen, der die definitive Tumorresektion durchführt. Neben der offenen Inzisionsbiopsie stehen die bildgebend gestützten Verfahren der Feinnadelaspirationsbiopsie und der Stanzbiopsie gegenüber. In onkologischen Zentren liegen die diagnostische Sicherheit der Feinnadelaspirationsbiopsie bei 80% und die der Stanzbiopsie bei 97%. Dementsprechend ist die Stanzbiopsie der Inzisionsbiopsie kaum noch unterlegen.

Im Falle einer Inzisionsbiopsie ist diese an den Extremitäten immer im Längsverlauf durchzuführen und die obligate Wunddrainage am Ende des Hautschnittes auszuleiten, um einem Hämatom, das zu einer Tumorzellkontamination unbeteiligter Kompartmente führen könnte, vorzubeugen.

2.3Pathologie

Aufgrund der Seltenheit und der Vielfalt der Sarkome empfiehlt sich eine Begutachtung durch spezialisierte Referenzzentren. Sofern diese fehlt, sind differenzialtherapeutische Therapieoptionen kritisch zu bewerten. Die histopathologische Typisierung der Weichgewebstumoren erfolgt gemäß phänotypischer Differenzierungsmerkmale des jeweils vorherrschenden Zelltyps. Aufgrund der Vielfalt mesodermaler Differenzierungsmuster gelten immunhistochemische Untersuchungsmethoden als unabdingbare Voraussetzung zur Typisierung und zur Bestimmung der Subtypen. In Einzelfällen können spezifische molekulargenetische Parameter untersucht und für die Differentialdiagnostik genutzt werden.

2.4Häufigste histopathologische Sybtypen

Häufigste Sarkomtypen bei Kindern/Jugendlichen sind Rhabdomyosarkome und Synovialsarkome. Die häufigsten Weichteilsarkome des Erwachsenen sind in Tabelle 1 aufgeführt.

Tabelle 1: Häufigste Weichteilsarkome des Erwachsenen 

Histologischer Subtyp

Relative Häufigkeit

Leiomyosarkome

15-25%

Liposarkome

10-15%

Pleomorphe Sarkome / NOS (früher MFH)

15-25%

Synovialsarkome

6-10%

GIST

3-5%

Maligne periph. Nervenscheidentumoren (MPNST)

3-5%

Fibrosarkome

2-3%

Angiosarkome

2-3%

Rhabdomyosarkome

~ 2%

Endometriale Stromasarkome

1-2%

Epitheloidsarkome

~ 1%

Klarzellsarkome

~ 1%

Alveoläre Weichteilsarkome

~ 1%

Solitäre fibröse Tumoren (SFT)

~ 1%

Desmoide / Aggressive Fibromatose (AF)

< 1%

Dermatofibrosarcoma protuberans

< 1%

3Histopathologisches Grading / Stadieneinteilung

Das in Europa meist verwendete Grading-System ist das von Coindre et al. entwickelte 3-gradige Klassifikationsschema der ‚French Federation of Cancer Centers Sarcoma Group’ (FNCLCC) (Tabelle 2).

Tabelle 2: Histopathologische Grading-Systeme 

Dreistufiges Gradingsystem

(FNCLCC)

Vierstufiges Gradingsystem

(UICC)

niedriggradig

Grad 1

Grad 1

-

Grad 2

hochgradig

Grad 2

Grad 3

Grad 3

Grad 4

Prognostisch sind neben dem histopathologischen Differenzierungsgrad (Grading) die Tumorgröße und die Tumorlokalisation (oberflächliche vs. tiefsitzende Tumoren) relevant; diese drei Prognosefaktoren bilden die Grundlage der Stadieneinteilung der UICC bzw. AJCC (2010).

Tabelle 3: Kurzgefasste TNM-Klassifikation (UICC/AJCC 2010) 

Klassifikation

Definition

T1

Tumordurchmesser < 5 cm

T1a

oberflächlich

T1b

tief

T2

Tumordurchmesser > 5 cm

T2a

oberflächlich

T2b

tief

N1

regionäre Lymphknotenmetastasen

M1

Fernmetastasen

Anmerkung: Ein oberflächlicher Tumor ist vollständig oberhalb der oberflächlichen Faszie lokalisiert und infiltriert diese nicht. Hat ein Tumor Kontakt zur Faszie, infiltriert diese oder liegt unterhalb, handelt es sich um eine tiefe Lokalisation. Neben mediastinalen, retroperitonealen und pelvinen Tumoren handelt es sich bei den folgenden Lokalisationen definitionsgemäß um tiefe Tumoren: Kopf, Nacken, Axilla, paraspinal, Leistenbeuge, Schenkeldreieck, Kniekehle, Ellbeuge, Hand- und Fußwurzel, Ferse und Mittelfuß

Tabelle 4: Stadieneinteilung (UICC/AJCC 2010) 

Stadium

UICC-/FNCLCC-Grad

T

N

M

IA

niedrigmaligne

T1a/b

N0

M0

IB

niedrigmaligne

T2a/b

N0

M0

IIA

hochmaligne

T1 a/b

N0

M0

IIB

hochmaligne

T2a

N0

M0

III

hochmaligne

T2b

N0

M0

hochmaligne

T2b

N1

M0

jedes G

jedes T

N1

M0

IV

jedes G

jedes T

jedes N

M1

Stadieneinteilung von GIST:

Für GIST gelten eigene Klassifikationen. Siehe hierzu Gastrointestinale Stromatumoren (GIST).

4Prognose / Risikogruppen

Die Prognose (Tabelle 5) wird neben den in die o.g. Stadieneinteilung eingehenden Parametern ‚Grading’, ‚Tumorgröße’ und ‚Lokalisation (tief-oberflächlich)’ u.a. auch durch den histopathologischen Subtyp, den Resektionstatus und die Körperlokalisation mitbestimmt Die Abhängigkeit von der Körperlokalisation ist erkennbar durch 5-Jahresüberlebensraten von ca. 70-75% für Extremitätensarkome, 50% für retro-/intraperitoneale Sarkome und GIST sowie ca. 30-40% für Sarkome der Kopf-Hals-Region.

Die 5-Jahresüberlebensraten in Abhängigkeit vom UICC/AJCC-Stadium beträgt ca. 85-96% im Stadium I, 72-78% im Stadium II, 50% im Stadium III und ca. 10% im Stadium IV.

Tabelle 5: Prognose erwachsenener Patienten mit Weichteilsarkom entsprechend Malignitätsgrad, Stadium bzw. Riskofaktoren 

5-Jahres-Überlebensrate entspr. dem Malignitätsgrad

metastasenfreie 5-Jahres-Überlebensrate*

G1: 80-90 %

RF 1: 94%

G2: 65-77 %

RF 2: 79%

G3: 42-50 %

RF 3: 49%

* nur Extremitäten-WTS; Risikofaktoren (RF): (i) hoher Malignitätsgrad, (ii) Tumorgröße > 5 cm, (iii) tiefe Lokalisation

Zur Prognosebestimmung unter Berücksichtigung der Lokalisation (Extremität vs. Nicht-Extremität), Malignitätsgrad, Tumorgröße, Lage (tief vs. oberflächlich), und Histologie wurde für die Weichteilsarkome ein Nomogramm erstellt.

5Therapie

Eine optimale Behandlungsstrategie für Weichteilsarkome erfordert die Zusammenarbeit der verschiedenen Fachbereiche bereits bei Diagnosestellung. Sie hat zwei Ziele: die lokoregionale Tumorkontrolle und die Prävention/Therapie der Fernmetastasierung. Die Behandlungsstrategie wird vom Tumorstadium und den Prognosefaktoren (Grading, Größe, Lokalisation) bestimmt. Ein orientierender Algorithmus ist in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung 2: Algorithmus für die kurative Therapie von Patienten mit Weichteilsarkom 
Algorithmus für die kurative Therapie von Patienten mit Weichteilsarkom
J - Jahre; NOS - nicht anders klassifiziert (not otherwise specified), dediff. - dedifferenziert, RMS - Rhabdomyosarkom, PNET - primitive neuroektodermale Tumore, DSRCT - desmoplastic small round cell tumor;

5.1Chirurgische Therapie

Die chirurgische Therapie ist die Basis der lokalen Tumorkontrolle. Das definierte Ziel ist die Resektion des Weichteilsarkoms im Gesunden, die R0-Resektion, gefolgt von einer adjuvanten Radiotherapie bei hochmalignen Tumoren. Marginale-(R1-Resektionen) oder intraläsionale Resektionen (R2-Resektion) sind onkologisch nicht anzustreben, da sie das Ziel der lokalen Tumorkontrolle auch unter Berücksichtigung adjuvanter Therapieoptionen in der Regel nicht erreichen. In Abhängigkeit von der Lokalisation des Weichteilsarkoms werden weite- und kompartmentorientierte Resektionen definiert.

Ist nach der Komplettierung des Staging eine R0-Resektion im Stadium I-III (UICC 2010) ohne einen mutilierenden Eingriff zu realisieren, so ist die chirurgische Therapie im Erwachsenalter primär indiziert. Anderenfalls sind neoadjuvante Therapieoptionen (z.B. systemische Chemotherapie +/- Hyperthermie, Radiotherapie, isolierte hypertherme Extremitätenperfusion) in der Therapieplanung interdisziplinär zu berücksichtigen. Marginale Tumorresektionen (R1-Resektion), entlang der Pseudotumorkapsel, gehen mit einem deutlich erhöhten Lokalrezidivrisiko einher. Diese Pseudotumorkapsel ist in der Regel die aktive Wachstumsfront des Weichteilsarkoms und nicht seine eigentliche Begrenzung. Es wurde nachgewiesen, dass im peritumoralen Ödem in bis zu 65 % vitale Tumorzellen nachzuweisen sind. Dieser Aspekt scheint für die hohe Lokalrezidivrate verantwortlich zu sein. Ein onkologisch sicherer Resektionsabstand ist bislang nicht definiert.

5.1.1Ungeplante Resektionen

„Ungeplante Resektionen“ werden am häufigsten bei oberflächlichen (subkutanen) und kleinen (< 5cm) Weichteilsarkomen unter der Verdachtsdiagnose einer benignen Läsion vorgenommen. Im Falle einer „ungeplanten Resektion“ eines Weichteilsarkoms ist eine Nachresektion stets anzustreben, um eine lokale Tumorkontrolle realisieren zu können. Anhand zweier aktueller Studien. konnte nachgewiesen werden, dass die Lokalrezidivrate nach Nachresektionen nach primär ungeplanten Resektionen signifikant erhöht ist, häufiger plastische Rekonstruktionen erforderlich sind, jedoch das Gesamtüberleben nicht beeinflusst wird.

5.1.2Sarkome der Extremitäten

Die meisten Weichteilsarkome sind im Bereich der Extremitäten lokalisiert, die untere Extremität ist häufiger betroffen als die untere. Die Tumorresektion erfolgt stets unter der Mitnahme des Biopsiekanals und der Drainageausleitung der Biopsie. Eine Kompartmentresektion, d.h. Resektion des Muskels / der Muskelgruppe vom Ursprung bis zum Ansatz ist nur bei einer Tumorkontamination des gesamten Kompartments indiziert. Liegen Ursprung und Ansatz des Muskels weit vom Tumor entfernt, können sie erhalten bleiben und für die Rekonstruktion unter funktionellen Aspekten verwandt werden. Ein Vorteil der Kompartmentresektion im Vergleich zur kompartmentorientierten Resektion ist nicht belegt. Extrakompartmental lokalisierte Weichteilsarkome werden weit reseziert, wobei eine Definition des Begriffes „weit“ nicht besteht. Unter Ausnutzung additiver Therapieverfahren kann durch die Mitresektion gesunder Hüllschichten (z.B. Muskelfaszie, Periost, Knochenlamelle, Epineurektomie, Gefäßadvetitia etc.) eine R0-Resektion erreicht werden.

Plastisch-rekonstruktive Verfahren sind bei etwa 25% der Patienten mit einem Weichgewebssarkom erforderlich und gehen mit einer hohen Erfolgsquote einher. Bei freien Transplantaten dominiert der M. Latissimus dorsi-Flap, meistens handelt es sich um myokutane Flaps. Die Komplikationen sind trotz der häufig applizierten prä- oder postoperativen Strahlentherapie als auch der systemischen Chemotherapie tolerabel und stellen keine Limitation dieses Vorgehens dar. Eine Verbesserung der Funktionalität resultiert nur selten.

Im Falle einer tumorösen Gefäßinfiltration muss nicht zwingend eine Amputation erforderlich werden. Nach der Tumorresektion inklusive der Gefäßstrukturen gibt es vielfältige Rekonstruktionsmöglichkeiten im Bereich der Extremitäten mittels autologer Interponate (z.B. Vena saphena magna, reversed) oder Gefäßprothesen. Die Verfahren gehen jedoch mit einer erhöhten Komplikationsrate einher. Wesentlich problematischer ist die Mitresektion funktionell wichtige Nerven, wie z.B. des N. ischiadicus und N. femoralis. Rekonstruktionen sind hier kaum möglich und selten erfolgversprechend. Insbesondere Spätkomplikationen wie ein erhöhtes Unfallrisiko, Frakturen oder trophische Ulzera, die zur Amputation führen können, sind zu berücksichtigen.

Die Indikation zur Amputation resultiert erst nach Ausschöpfung aller multimodalen Therapieoptionen. Sie kann gerechtfertigt sein bei einer Tumorinfiltration von funktionell wichtigen Nervensträngen, die nach einer Resektion eine funktionslose Extremität hinterlassen würde. Weitere Indikationen können Tumorexulzeration mit Superinfektion und Sepsis oder eine konservativ nicht zu kontrollierende Tumorblutung darstellen. Im metastasierten Stadium der Erkrankung kann sie auch mit dem Ziel der Optimierung der Betreuung indiziert sein. Die Einholung einer Zweitmeinung ist vor diesem Eingriff zu erwägen.

5.1.3Sarkome des Körperstammes

Hinsichtlich der operativen Therapie gelten die gleichen Richtlinien wie bei den Extremitäten - es die R0-Resektion. Ist dieses Ziel primär nicht zu realisieren kommen die bereits aufgeführten neoadjuvanten Therapiekonzepte mit dem Ziel der lokalen Remission zum Tragen. Plastische Rekonstruktionen sind hier häufiger notwendig im Vergleich zu den Weichteilsarkomen der Extremitäten. Sie setzten sich aus Thoraxwand- und Bauchwandrekonstruktionen mit verschiedenen Techniken und Implantaten (frei- und lokale Lappenplastiken, Goretex-Patch, Prolene-Netzen etc.) zusammen.

5.1.4Sarkome des Retroperitoneums

Weichteilsarkome des Retroperitoneums werden aufgrund der unspezifischen klinischen Symptomatik häufig erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Vor der operativen Therapie ist die histologische Sicherung anzustreben, um den nicht seltenen gastrointestinalen Stromatumor (GIST) oder ein Lymphom auszuschießen, die eine grundsätzlich andere therapeutische Konsequenz nach sich ziehen würden. Auch bei den retroperitonealen Sarkomen ist eine Kuration nur durch eine R0-Resektion zu erreichen. Diese ist in den meisten Fällen nur durch eine multiviszerale Resektion zu realisieren und stets individuell in Abhängigkeit von der Lokalisation zu planen. Die Rate an R1-Resektionen ist im Vergleich zu den Extremitätensarkomen erhöht. Liegt primär keine Resektabilität vor, so sind neoadjuvante Therapiekonzepte indiziert. Bei der operativen Therapieplanung ist zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit einer adjuvanten Radiotherapie im Vergleich zu den Extremitätensarkomen deutlich eingeschränkt ist, da sich meist intestinale Organe im Bereich des ehemaligen Tumorbettes postoperativ positionieren.

5.1.5Metastasenchirurgie

5.1.5.1Lungenmetastasen

Die Lunge ist das häufigste Zielorgan der Metastasierung von Weichteilsarkomen. Die Resektion von Lungenmetastasen ist etabliert, obwohl es keine randomisierten Phase III-Studien zu dieser Fragestellung gibt. Es kann daher nur auf retrospektive Studien zurückgegriffen werden. Für selektierte Patienten (z.B. Spätmetastasen, singuläre Metastasen) liegt das Gesamtüberleben nach einer chirurgischen Therapie von Lungenmetastasen von Weichteilsarkomen zwischen 25 und 37,6%. Nur eine komplette chirurgische Resektion der Lungenmetastasen stellt einen positiven prognostischen Faktor dar. Ob eine additive Chemotherapie und Metastasenreresektionen einen prognostischen Einfluss auf das Überleben haben, ist nicht belegt. Weiterhin ist nicht erwiesen, ob minimal invasive Techniken, inklusive der Laser-gestützten Resektionen der offenen Thoraxchirurgie über- oder unterlegen sind.

5.1.5.2Lymphknotenmetastasen

Die generelle Indikation zur Lymphknotendissektion ist bei Weichteilsarkomen aufgrund der geringen Inzidenz (<5%) obsolet. Nur beim Nachweis einer lymphogenen Metastasierung kann sie z.B. beim Klarzellsarkom, beim Epitheloidzellsarkom oder beim Synovialsarkom in Erwägung kommen, auch wenn es keine Daten gibt, die einen Überlebensvorteil bislang erbracht haben. Der Stellenwert der „Sentinel Node-Biopsie“ ist bei Weichteilsarkomen noch nicht belegt. Erste Studien zeigen, dass diese Methode wahrscheinlich keinen klinischen Stellenwert haben wird.

5.1.6Therapieoptionen bei Lokalrezidiven

Die chirurgische Therapie des Lokalrezidives entspricht der des Primärtumors, die ausschließlich interdisziplinär und unter Berücksichtigung des Staging, der Tumorentität, der Lokalisation, des Alters, des rezidivfreien Intervalls und der Erwartung des erfolgt.

5.2Strahlentherapie

Die Strahlentherapie hat im multimodalen Therapiekonzept einen wesentlichen Stellenwert Sie erlaubt z.B. eine extremitätenerhaltende Operation, wobei mithilfe der Strahlentherapie in bis zu 90% der Fälle eine lokale Kontrolle zu erzielen ist. Auf diese Weise können radikalchirurgische Maßnahmen wie Amputation oder Kompartmentresektion, die in der Regel mit einer Funktionseinbuße bzw. Mutilation verbunden sind, vermieden werden. Standardverfahren ist die postoperative Strahlentherapie. Im Rahmen der Primär-/Rezidiv-Therapiestrategie kommen in Einzelfällen die prä- und die intraoperative Bestrahlung, die alleinige Strahlentherapie und die Hyperthermie zum Einsatz.

5.2.1Postoperative Strahlentherapie

Standardverfahren ist die postoperative perkutane Bestrahlung mit hochenergetischen Photonen (6-18 MV) eines Linearbeschleunigers, die bei R0-resezierten Tumoren 5-Jahres lokale Kontrollraten von 72-90% erzielen lässt.

Indikationen:

  • G1-Tumoren: nach marginaler und intraläsionaler Resektion (falls keine R0-Nachresektion mit ≥ 2-3 cm Sicherheitssaum möglich ist)

  • G2/G3-Tumoren

    • nach intraläsionaler Resektion (R2; vorherige Nachresektion erforderlich*)

    • nach R1-Resektion (vorherige Nachresektion, falls möglich*)

[* Signifikant schlechtere lokale Kontrollraten nach R1/2-Resektion vs. R0-Resektion!] (6)

  • nach weiter Resektion (R0); Lokalrezidivrate nach weiter Exzision plus postop. Radiotherapie vergleichbar mit radikaler Resektion ohne postoperative Radiotherapie (≤ 15-20%)

Modalitäten:

  • Beginn. innerhalb 6 Wochen postoperativ.

  • Strahlendosis: 60-66 Gy in konventioneller Fraktionierung

5.2.2Präoperative Strahlentherapie

Bei nicht sicher zu erwartender R0-Resektion und/oder ausgedehnter Feldgröße kann einer präoperativen Bestrahlung der Vorzug gegenüber der postoperativen Bestrahlung gegeben werden .Bei lokal fortgeschrittenen, primär nicht R0-resektablen Tumoren sind dabei auch die Indikationen zu kombinierten, multimodalen Konzepten zu prüfen (s.u.; Zentren: kombinierte Chemo-/Strahlentherapie, ILP, Chemotherapie + regionale Hyperthermie). An der unteren Extremität ist eine präoperative Strahlentherapie mit einer höheren Rate an Wundkomplikationen assoziiert; dies erfordert häufig spezielle OP-Techniken des Wundverschlusses. Langfristig ist die präoperative Strahlentherapie - bei häufig geringerer Feldgröße und Strahlendosis - mit einer geringeren Morbidität assoziiert. Hinsichtlich Lokalrezidivrate und progressionsfreiem Überleben sind die prä- und postoperative Strahlentherapie von Extremitätensarkomen vergleichbar.

5.2.3Intraoperative Strahlentherapie (IORT)

Mögliche Indikationen: Tumorlokalisationen (z.B. Retroperitoneum), die keine weite Resektion erlauben und bei denen eine hochdosierte perkutane Bestrahlung wegen benachbarter Risikoorgane (z.B. Dünn- und Dickdarm) zu toxisch wäre. Einzeldosis 15-20 Gy (kleinvolumiger Boost); Dosisaufsättigung durch prä- oder postoperative Strahlentherapie. Vorteil der IORT hinsichtlich der langfristigen Gesamtüberlebensrate nicht gesichert.

5.2.4Alleinige Strahlentherapie

Selten indiziert bei aus internistisch anästhesiologischer Sicht inoperablen Tumoren, falls eine multimodale Therapie nicht durchführbar ist. Mit Photonen (≥70 Gy in konventioneller Fraktionierung) können in Abhängigkeit von der Tumorgröße lokale Kontrollraten von 33-88% erzielt werden.

5.2.5Regionale Hyperthermie (RHT)

Die Kombination von prä- und postoperativer Chemotherapie mit regionaler Hyperthermie (± Strahlentherapie) bei lokal fortgeschrittenen Weichteilsarkomen führte nach Ergebnissen einer Phase III-Studie zu einer Verbesserung der lokalen Tumorkontrollrate und des progressionsfreien Überlebens. Dieser Gesamteffekt war vor allem bei Nicht-Extremitätensarkomen zu beobachten. Die regionale Hyperthermie kann unter dem Aspekt der lokalen Tumorkontrolle somit an geeigneten Zentren als zusätzliche oder alternative Option erwogen werden.

5.3Adjuvante / Neoadjuvante Chemotherapie

(siehe auch Abbildung 3)

5.3.1Klein-, blau-, rundzellige Sarkome

Hierzu zählen Rhabdomyosarkome, Ewing-Tumoren bzw. PNET und desmoplastische, klein- und rundzellige Tumoren (desmoplastic small round cell tumor [DSRCT]). Hier gelten (neo)adjuvante Therapieempfehlungen im Kontext laufender Studien / Leitlinien.

5.3.2Adjuvante Chemotherapie bei Nicht-GIST-Weichteilsarkomen

Für die übrigen Nicht-GIST-Weichteilsarkome wird der Stellenwert der adjuvanten Chemotherapie mit Adriamycin ± Ifosfamid international uneinheitlich bewertet. Die SMAC-Metaanalyse (1997) fand signifikante Risikoreduktionen hinsichtlich der Raten eines lokalen Tumorrezidivs, einer Fernmetastasierung sowie des krankheitsfreien Überlebens. Bezüglich des Gesamtüberlebens zeigte sich eine nichtsignifikante Verbesserung der Überlebensrate um 4% nach 10 Jahren. Hingegen fand sich in der Subgruppe der Patienten mit Extremitäten-WTS eine statistisch signifikante Verbesserung der Überlebensrate um 7%. In der Folgezeit dieser Analyse wurden nur noch wenige Studien publiziert. Unter Integration dieser Daten berichtete kürzlich eine kanadische Metaanalyse signifikante Vorteile durch eine adjuvante Chemotherapie für alle untersuchten Endpunkte: Lokalrezidivrate, Fernmetastasierungsrate und Gesamtüberleben. Nicht beinhaltet in die kanadische Metaanalyse sind die bislang nur beim ASCO-Kongreß vorgetragenen Daten der EORTC-Studie 62931, in die 350 Patienten eingeschlossen wurden und die in keinem der Endpunkte einen Vorteil durch die Chemotherapie beschrieb.

Tabelle 6: Metaanalysen prospektiver, randomisierter Studien zur adjuvanten Chemotherapie von Weichteilsarkomen des Erwachsenen 

DDFS

OS

N

absolut

p

absolut

p

SMAC1

1.315

10% ↑

0,0003

4% ↑

0,12

Extrem.

886

-

-

7% ↑

0,029

Ontario2

1.953

10% ↑

0,03

11% ↑

0,03

O’Connor3

2.170

34% ↓*

0,000

5% ↑

0,02

DDFS, distant disease-free survival; OS, overall survival; *Risikoreduktion;1  SMAC, Lancet 1997;2  Pervaiz et al., Cancer 2008;3  O‘Connor et al., 2008

In einer weiteren, bisher jedoch nur in Abstract-Form publizierten Metaanalyse unter Einschluß der EORTC-Studie (siehe Tabelle 6) wurden, wie in der kanadischen Metaanalyse, signifikante Vorteile in allen o.g. Endpunkten beschrieben, incl. eines absoluten Überlebensvorteils von 4,8% (p=0,02).

In einer kürzlich publizierten retrospektiven Studie der ‚French Sarcoma Group’ (N=1.513) wurde der Effekt einer adjuvanten, anthrazyklinhaltigen Chemotherapie in Abhängigkeit vom histopathologischen Malignitätsgrad untersucht. Hierbei fanden sich signifikante Vorteile bezgl. des metastasenfreien Überlebens sowie des Gesamtüberlebens bei Patienten mit G3-Sarkom, nicht jedoch bei G2-Sarkomen. So lagen das metastasenfreie Überleben und das Gesamtüberleben mit adjuvanter Chemotherapie bei G3-Sarkomen um 9% (p=0,01) bzw. 13% (p=0,0002) höher als in der chemotherapiefreien Kontrollgruppe.

Zusammenfassend zeigen die o.g. Daten der Metaanalysen Überlebensvorteile zugunsten der adjuvanten Chemotherapie im Bereich von 4-11%. Vorteile fanden sich dabei vorwiegend bei Patienten mit Hochrisikosarkomen (> 5-10 cm, hoher Malignitätsgrad, tiefe Lokalisation), die eine ausreichend dosierte (Kombinations)Chemotherapie erhielten. Eine adjuvante oder präoperative/neoadjuvante Chemotherapie ist daher vertretbar bei Patienten mit o.g. Tumormerkmalen, chemosensitiven Entitäten sowie adäquater Herz- und Nierenfunktion, wobei die Entscheidung über eine (neo)adjuvante Chemotherapie immer in einem Sarkomzentrum getroffen werden sollte. Aktuell sollten diese Patienten präferentiell in kontrollierte Behandlungskonzepte eingeschlossen werden (IAWS-Registerstudie mit Radio-Chemotherapie (Sarkomzentrum Nord, Kiel) oder mit regionaler Hyperthermie (SarKUM-Register München) (Abbildung 3 und 4).

Abbildung 3: Adjuvante und neoadjuvante Chemo-/Strahlentherapiekonzepte im Kontext der IAWS-Registerprotokolle 1 und 2 
Adjuvante und neoadjuvante Chemo-/Strahlentherapiekonzepte im Kontext der IAWS-Registerprotokolle 1 und 2
Abbildung 4: Adjuvante und neoadjuvante Chemo-/Strahlentherapiekonzepte im Kontext der IAWS-Registerprotokolle 1 und 2 
Adjuvante und neoadjuvante Chemo-/Strahlentherapiekonzepte im Kontext der IAWS-Registerprotokolle 1 und 2

(Ansprechpartner: Interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft Weichteilsarkome (IAWS) der deutschen Krebsgesellschaft, z.Hdn. Prof. Dr. J. T. Hartmann, Klinik für Innere Medizin II-Hämatologie und Internistische Onkologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein - Campus Kiel Sarkomzentrum; Tel. 0431-597-2484; Fax. 0431-597-3590; joerg.hartmann@uk-sh.de)

Abbildung 5: Neoadjuvante und adjuvante/postoperative Therapiekonzepte im Kontext des SarKUM-Registers München 
Neoadjuvante und adjuvante/postoperative Therapiekonzepte im Kontext des SarKUM-Registers München

(Ansprechpartner: Prof. Dr. R. Issels/PD Dr. L. Lindner, SarKUM, Klinikum der Universitäts München - Campus Großhadern, 81377 München, Tel. 089/7095-4768; E-Mail: rolf.issels@med.uni-muenchen.de und Lars.Lindner@med.uni-muenchen.de)

Informationen zum Zulassungsstatus sind in Tabelle 9 zusammengefasst.

5.3.3Präoperative, neoadjuvante Therapiekonzepte bei lokal fortgeschrittenen Sarkomen in der Primär- oder Rezidivtherapie

Bei fortgeschrittenen Sarkomen der Stadien IIB und III (≥ 2 der Risikofaktoren: hoher Malignitätsgrad, Tumordurchmesser >5cm, tiefe Lokalisation), bei denen nicht zuverlässig eine R0-Resektion mit ausreichendem Sicherheitsabstand erreicht werden kann, sind präoperative/neoadjuvante Therapieverfahren zu erwägen. Zu den präoperativen/neoadjuvanten Therapieverfahren zählen neben einer alleinigen Strahlentherapie vor allem multimodale Therapieansätze wie beispielsweise eine kombinierte Chemostrahlentherapie (z.B. im Rahmen des IAWS Registers), Chemotherapie mit regionaler Hyperthermie, ggfs. auch der Einsatz der isolierten Extremitätenperfusion mit TNF-alpha/Melphalan. Eine alleinige präoperative Chemotherapie kann bei ca. 30% der Patienten zu einer objektiven Remission führen, hat bislang jedoch keinen klar definierten Stellenwert. Zur Bedeutung der zusätzlichen Hyperthermie siehe weiter unten. Die Entscheidung hinsichtlich der im Einzelfall geeigneten Therapie lokal fortgeschrittener und grenzwertig resektabler Sarkome sollte auf jeden Fall interdisziplinär mit/in einem Sarkomzentrum abgestimmt werden. Die Datenerfassung und Auswertung der Behandlungsergebnisse sollte in den Zentren prospektiv erfolgen, aktuell im Kontext der o.g. Registerstudien.

Isolierte Extremitätenperfusion (ILP) mit TNF-α und Melphalan

Dieses Therapieverfahren ist zu erwägen bei nicht im Gesunden resektablen, lokal fortgeschrittenen Extremitätensarkomen. Auch in der Rezidivsituation und nach Vorbestrahlung kann hierdurch die lokale Tumorkontrolle verbessert, eine Resektion im Gesunden ermöglicht und eine potenziell mutilierende Operation vermieden werden. Als Palliativmaßnahme bei lokal irresektablem Tumor und bestehender Metastasierung kann die ILP ebenfalls in Einzelfällen indiziert sein.

5.4Chemotherapie bei metastasierter oder irresektabler Erkrankung

5.4.1Standardtherapien bei Nicht-GIST-Weichteilsarkomen

Für Patienten mit rasch progredienter, symptomatischer Erkrankung oder lokal fortgeschrittenem WTS ist eine Kombinationstherapie mit Adriamycin/Ifosfamid (ADM/IFS) aufgrund der höheren Remissionswahrscheinlichkeit und des längeren progressionsfreien Überlebens bei etlichen WTS-Entitäten zu erwägen. Das Gesamtüberleben wird durch eine ADM/IFS-Kombinationstherapie nicht verbessert. Sofern das Erreichen eines Tumorprogressionsarrests im Vordergrund der therapeutischen Bemühungen steht, ist die sequenzielle Monotherapie ein sinnvolles und weniger nebenwirkungsreiches Vorgehen. Die Monotherapie mit Adriamycin in einer Dosierung von 70-80 mg/m² stellt daher für die Mehrzahl der Patienten die Erstlinientherapie der Wahl dar. Für die Zweitlinientherapie kommt Ifosfamid in einer Dosierung von ca. 9-12g/m² (über 3-5 Tage) in Betracht. Als Zweit-/Drittlinientherapie nach Versagen von Adriamycin und Ifosfamid ist Trabectedin zugelassen, wobei die meisten Studienerfahrungen mit dieser Substanz für Leiomyo- und Liposarkome vorliegen. Für DTIC sind nach Versagen von Adriamycin/Ifosfamid Ansprechraten von 8-17% in älteren Studien beschrieben. Patienten mit kardialen und/oder renalen Problemen, höherem Alter und reduziertem Allgemeinzustand können auch von der (off-label) Gabe von Trofosfamid profitieren. Das Therapieansprechen ist dabei meist durch Tumorstabilisierungen und eher selten durch Tumorremissionen gekennzeichnet. Aktuell wird der Stellenwert von Trofosfamid gegenüber Adriamycin bei älteren Patienten im Rahmen einer randomisierten AIO-Studie verglichen. Palifosfamid, der aktive Metabolit von Ifosfamid, der derzeit in Studien geprüft wird, zeichnet sich v.a. durch sein verbessertes Toxizitätsprofil (Neuro-/Urotheltoxizität) gegenüber Ifosfamid aus. Eine etablierte Therapieoption stellt auch Gemcitabin, ggfs. in Kombination mit Docetaxel (siehe auch weiter unten), dar. Topoisomerase I-Inhibitoren zeigten bei WTS des Erwachsenen nur eine unzureichende Aktivität. Von den neueren Substanzen ist derzeit nur Imatinib bei rezidiviertem/nicht-resektablem Dermatofibrosarcoma protuberans (DFSP) zugelassen. Vorläufige, experimentelle Daten liegen u.a. für Pazopanib vor (siehe weiter unten). Ergebnisse einer Studie zur Erhaltungstherapie mit Ridaforolimus sind noch nicht publiziert worden. Informationen zum Zulassungsstatus sind in Tabelle 9 zusammengefasst.

5.4.2Hochdosistherapie / dosisintensive Therapien

Ein relevanter klinischer Stellenwert einer hochdosierten, G-CSF- oder stammzellgestützten Therapie in der Behandlung irresektabler, lokal-fortgeschrittener oder metastasierter Weichteilsarkome ist nicht belegt.

6Verlaufskontrolle / Nachsorge

Valide, evidenzbasierte Daten zur Tumornachsorge bei Patienten mit Weichteilsarkomen existieren nicht. Die Nachsorgeempfehlungen nach kurativer Therapie lokal begrenzter Nicht-GIST-Weichteilsarkome orientieren sich an der Art und Qualität der Lokaltherapie, dem Malignitätsgrad, der Primärtumorlokalisation, dem histopathologischen Subtyp, den medianen Latenzzeiten für Lokal- und Fernredzidive sowie den im Einzelfall ggfs. vorhandenen Therapieoptionen. Die nachfolgende Tabelle 7 gibt Orientierungspunkte für eine individuelle, risikoadaptierte Nachsorge in Anlehnung an die NCCN-Leitlinien.

Tabelle 7: Optionaler Nachsorgeplan - Weichteilsarkome des Erwachsenen 

Nachsorgejahre

Jahr 1-3

Jahr 4+5

> 5Jahre

Hochmaligne-Extremitäten, Körperstamm (außer intra-/retroperitoneal)

Anamnese, Körperliche Unter-suchung

alle 3-6 Monate

alle 6 Monate

1x/Jahr

CT-Thorax (Rö-Thorax)

Sono-Abdomen

alle 6 Monate

1x/Jahr

Lokale Kontrolle: MRT, CT oder Sono

entspr. vermutetem Risiko,z.B. alle 6 Monate

entspr. vermutetem Risiko, z.B. 1x/Jahr

Niedrigmaligne-Extremitäten, Körperstamm (außer intra-/retroperitoneal)

Anamnese,Körperliche Untersuchung

alle 3-6 Monate

1x/Jahr

CT-Thorax (Rö-Thorax)

alle 6-12 Monate

1x/Jahr

Optional

Sono-Abdomen

alle 6-12 Monate

Optional

Lokale Kontrolle: MRT, CT oder Sono

entspr. vermutetem Risiko, z.B. alle 6-12 Monate

1x/Jahr

Hochmaligne-intra-/retroperitoneal

Anamnese, körperliche Unter-suchung

alle 3-6 Monate

alle 6 Monate

1x/Jahr

CT-Abdomen/Becken

Rö-Thorax (CT-Thorax)

alle 6 Monate

alle 6-12 Monate

1x/Jahr

Niedrigmaligne-intra-/retroperitoneal

Anamnese, körperliche Unter-suchung

alle 3-6 Monate

1x/Jahr

CT-Abdomen/Becken

Rö-Thorax (CT-Thorax)

Optional, z.B. alle 6-12 Monate

1x/Jahr

Referenz für die Kapitel 1 bis Kapitel 6: siehe Literatur [144]

7Subtypenspezifische Therapieaspekte

Voraussetzung für differenzielle, subtypenorientierte Therapieansätze ist eine verlässliche histopathologische Diagnosestellung bzw. referenzpathologische Begutachtung. Sofern diese fehlt, sind differenzialtherapeutische Behandlungsansätze kritisch zu bewerten.

Tabelle 8: Therapieoptionen mit möglicher präferenzieller Aktivität bei verschiedenen WTS-Subtypen 

Tumortyp

Eventuelle Therapieoptionen1

Synovialsarkom

Ifosfamid + Adriamycin, Trabectedin

Liposarkom

Adriamycin, Ifosfamid, Trabectedin, Gemcitabin ± Docetaxel, DTIC

Leiomyosarkome

Adriamycin, Ifosfamid, Gemcitabin ± Docetaxel, Trabectedin, DTIC

uterine Leiomyosarkome

Adriamycin (±DTIC / ±Ifosfamid), Gemcitabin + Docetaxel, Ifosfamid, Trabectedin

Endometriale Stromasarkome (low-grade)

Aromataseinhibitoren, Gestagene, GnRH-Analoga

Gastrointestinale Stromatumoren

Imatinib, Sunitinib

Dermatofibrosarcoma protuberans (t:17;12)

Imatinib

Desmoide

NSAID, Tamoxifen, Interferon, (lipos.) Adriamycin, Vinca-Alkaloide., Methotrexat, Imatinib, Sorafenib

Angiosarkome (Haut/Kopf)

Adriamycin, Paclitaxel, Gemcitabin ± Taxan, Vinorelbin, Sorafenib, Bevacizumab*

Non-Lipo/Non-LMS (MFH; pleomorphe, undifferenzierte Sarkome, NOS, etc)

Adriamycin+Ifosfamid, Gemcitabin ± Docetaxel, Trabectedin, Sorafenib?*

Rhabdomyosarkome

Adriamycin/Actinomycin-D, Oxazophosphorine, Vincristin, Topoisomerase-I-Inhibitoren

Alveolarzellsarkom

Sunitinib* , Cediranib*

MPNST

Adriamycin, Ifosfamid, Gemcitabin±Vinorelbin, Sorafenib*, platinhaltige Kombinationen

Solitärer fibröser Tumor

Temozolomid+Bevacizumab, Sunitinib, Adriamycin, Ifosfamid

Tenosynovialer Riesenzelltumor/Pigmentierte villonoduläre Synovitis

Imatinib

Chordome

Imatinib, Sunitinib*, Erlotinib*

1 Die Reihenfolge der gelisteten Substanzen/Kombinationen präjudiziert keine Therapiesequenzen;* experimentell

Informationen zum Zulassungsstatus sind in Tabelle 9 zusammengefasst.

Tabelle 9: Medikamente und Zulassungsstatus 

Substanz

Zulassung

Anmerkungen

Bevacizumab

Wirkung als Kombinationstherapie in Phase II Studie gezeigt

Cyclophosphamid

Ewing Sarkom;

Wirkung bei anderen WTS als Kombinationstherapie in Phase II Studien gezeigt

Docetaxel

Wirkung als Kombinationstherapie in Phase II Studie gezeigt

Doxorubicin (Adriamycin)

WTS

Doxorubicin, liposomal

Wirkung als Kombinationstherapie in Phase II Studie gezeigt

DTIC (Dacarbacin)

fortgeschrittenes WTS in Kombinationschemotherapie

Epirubicin

fortgeschrittenes WTS

Gemcitabin

Wirkung als Mono- und als Kombinationstherapie in Phase II Studien gezeigt

Ifosfamid

WTS

Imatinib

Dermatofibrosarcoma protuberans;

Wirkung bei anderen WTS in Phase II Studien gezeigt;

Interferon Alpha

Wirkung als Monotherapie in Phase II Studien gezeigt;

Methotrexat

Wirkung als Kombinationstherapie in Phase II Studien gezeigt;

Paclitaxel

Wirkung als Kombinationstherapie in Phase II Studie gezeigt

Sorafenib

Wirkung als Monotherapie in Phase II Studie gezeigt

Sunitinib

Wirkung als Monotherapie in Phase II Studie gezeigt

Tamoxifen

Wirkung als Monotherapie in Phase II Studie gezeigt

Temozolomid

Wirkung als Kombinationstherapie in Phase II Studie gezeigt

Trabectidin

fortgeschrittenes WTS nach Versagen von Anthrazyklinen und Ifosfamid oder bei Kontraindikation gegen diese Medikamente;

Vinblastin

Wirkung als Kombinationstherapie in Phase II Studie gezeigt

Vincristin

Wirkung als Kombinationstherapie in Phase II Studie gezeigt

Vindesin

Wirkung als Kombinationstherapie in Phase II Studie gezeigt

Vinorelbin

Wirkung als Kombinationstherapie in Phase II Studie gezeigt

zugelassen nicht zugelassen

7.1Lipo- und Leiomyosarkome (L-Sarkome)

Liposarkome (LS) und Leiomyosarkome (LMS) stellen mit 10-15% und 15-25% die häufigsten Entitäten dar.

7.1.1Liposarkome

Adriamycin und Ifosfamid stellen wirksame Zytostatika bei Liposarkomen dar. In einer EORTC-Analyse wiesen Liposarkome eine signifikant höhere Remissionsrate auf anthrazyklinhaltige Chemotherapien auf als andere Entitäten. Vor allem die myxoiden LS scheinen mit einer höheren Remissionsrate auf anthrazyklinhaltige Therapien assoziiert zu sein als gut-differenzierte/entdifferenzierte und andere LS (48% vs. 11% vs. 18%). Neben Adriamycin und Ifosfamid ist Trabectedin als Zweit-/Drittlinientherapie zugelassen. In Phase II-Studien mit Trabectedin wurden Remissionsraten von ca. 6-20% und ein Progressionsarrest bei 40% der Patienten beobachtet. Für myxoide LS wurde mit Trabectedin eine Remissionsrate von 51% in einer retrospektiven Analyse beschrieben, wobei diese Ergebnisse in einer prospektiven Studie nicht bestätigt wurden. Gemcitabin und DTIC können bei LS ebenfalls wirksam sein.

Abbildung 6: Liposarkome - möglicher Therapiealgorithmus 
Liposarkome - möglicher Therapiealgorithmus

Referenz für die Kapitel 7 bis Kapitel 7.1.1 siehe Literatur [4566]

7.1.2Leiomyosarkome (LMS)

Sowohl Adriamycin als auch Ifosfamid zeigen bei LMS eine zufriedenstellende Aktivität, wobei die Kombinationstherapie nach retrospektiven Daten der EORTC nicht notwendigerweise zu besseren Remissionsraten führt. Als Zweit-/Drittlinientherapie kommt ebenso wie bei Liposarkomen vor allem Trabectedin in Betracht. Die 6-Monats-Progressionsarrestrate für Trabectedin liegt bei ca. 35-50% .Weitere Optionen beinhalten eine Therapie mit Gemcitabin +/- Docetaxel (siehe unten). Präliminäre Daten von Phase II-Studien mit dem Studienendpunkt des Progressionsarrests deuten auf eine mögliche Aktivität von Sorafenib und Pazopanib hin. Diese Daten bedürfen jedoch einer Bestätigung durch randomisierte Studien.

Bei LMS nicht-uterinen Ursprungs kommt neben den zugelassenen Standardsubstanzen Adriamycin, Ifosfamid und Trabectedin auch eine Therapie mit Gemcitabin ± Docetaxel in Betracht. In 2 prospektiven, randomisierten Phase II-Studien wurde eine Monotherapie mit Gemcitabin (als ‚fixed-dose-rate’-Infusion) mit der Kombinationstherapie von Gemcitabin und Docetaxel verglichen. Während in der US-amerikanischen SARC-002 Studie, die neben LMS auch andere Entitäten beinhaltete, eine höhere Remissionsrate und ein verlängertes progressionsfreies Überleben für die Kombination beschrieben wurden, konnte dies in der Analyse der französichen TAXOGEM-Studie nicht beobachtet werden. Solange der Effekt von Docetaxel bei diesen Entitäten somit nicht geklärt ist, ist eine Gemcitabin-Monotherapie mit einer Remissionsrate von 5-10% und einer 6-Monats-Progressionsarrestrate von 40-50% als eine gut verträgliche, zusätzliche Therapieoption anzusehen.

Abbildung 7: Nicht – uterine Leiomyosarkome - möglicher Therapiealgorithmus 
Nicht – uterine Leiomyosarkome - möglicher Therapiealgorithmus

Uterine LMS zeigen ein Ansprechen u.a. auf Adriamycin, Ifosfamid, Trabectedin sowie Gemcitabin + Docetaxel. Obwohl der Stellenwert von Docetaxel anhand der Daten der TAXOGEM-Studie nicht eindeutig geklärt ist, gilt Gemcitabin+Docetaxel als etablierte Therapiekombination mit Remissionsraten von 27-36%. Der Stellenwert einer adjuvanten Chemotherapie bei uterinen LMS ist unklar.

Abbildung 8: Uterine Leiomyosarkome - möglicher Therapiealgorithmus 
Uterine Leiomyosarkome - möglicher Therapiealgorithmus

Referenz für Kapitel 7.1.2 siehe Literatur [6779]

7.2Pleomorphe Sarkome / Undifferenzierte Sarkome, NOS (früher MFH)

Für undifferenzierte, pleomorphe Sarkome (‚not otherwise specified’ [NOS]) (früher meist MFH) gelten die Standardindikationen für Adriamycin und Ifosfamid. Bei symptomatischer, rasch progredienter Erkrankung ist eine Kombinationstherapie sinnvoll. Die Ergebnisse der SARC-002 Studie mit Gemcitabin+Docetaxel zeigten eine Remissionsrate von 32% bei 19 Patienten mit MFH bzw. hochmalignem/undifferenziertem pleomorphen Sarkom. Für Trabectedin wurde in einer Phase II-Studie bei einigen MFH-Patienten (5/6) ein Progressionsarrest beobachtet. Daten zu Kinaseinhibitoren sind bisher als präliminär anzusehen.

Abbildung 9: Nicht – uterine Leiomyosarkome - möglicher Therapiealgorithmus 
Nicht – uterine Leiomyosarkome - möglicher Therapiealgorithmus

Referenz für Kapitel 7.2 siehe Literatur [8083]

7.3Synovialsarkome

Synovialsarkome (SS) repräsentieren ca. 6-9% aller Weichteilsarkome (WTS). Etwa 80% treten an Extremitäten und 20% am Körperstamm auf. Histopathologisch wird zwischen mono- und biphasischen sowie undifferenzierten SS unterschieden. Mehr als 90% weisen eine Translokation t(X;18) auf (SYT/SSX1- oder SYT/SSX2 Fusion). Die prognostische Relevanz der unterschiedlichen Translokationen ist derzeit unklar. Synovialsarkome weisen ein gutes Ansprechen auf Adriamycin und vor allem auf höher dosiertes Ifosfamid auf. In einer retrospektiven Analyse des Royal Marsden Hospital fand sich eine Remissionsrate von 58% für die Kombination von Adriamycin+Ifosfamid. Für Trabectedin wurde in einer retrospektiven Analyse von 39 Patienten eine PR-Rate von 18%, eine Progressionsarrestrate von 51% und eine 6-Mo-PFS-Rate von 23% beschrieben ; in einer weiteren Analyse wurde eine Progressionsarrestrate von 61% bei 18 Patienten beobachtet. In einer Phase II Studie der EORTC zeigten sich erste interessante Ergebnisse mit Pazopanib. Konfirmatorische Daten bzw. Ergebnisse einer randomisierten Studie mit dieser Substanz liegen derzeit jedoch nicht vor.

Abbildung 10: Synovialsarkome - möglicher Therapiealgorithmus 
Synovialsarkome - möglicher Therapiealgorithmus

Referenz für Kapitel 7.3 siehe Literatur [8487]

7.4Angiosarkome

Angiosarkome, die neben den epitheloiden Hämangioendotheliomen zur Gruppe der vaskulären Sarkome zählen, repräsentieren ca. 2% aller Weichteilsarkome. Anthrazykline und Taxane (getestet wurde vorwiegend Paclitaxel) weisen eine hohe Wirksamkeit mit Remissionsraten von 50-80% für Adriamycin und ca. 20-80% für Taxane (Paclitaxel) auf. Auch für Gemcitabin wurden in mehreren Phase II-Studien und Kasuistiken Patienten beschrieben, die ein teilweise langanhaltendes Therapieansprechen zeigten, so dass Gemcitabin neben Oxazophosphorinen als weitere Therapieoption in Betracht kommt.

Der VEGFR-Inhibitor Sorafenib wurde bisher in 3 Studien untersucht und zeigte Remissionsraten von 11-14% mit medianen Zeiten bis zur Progression von ca. 5 Monaten. In bisher nur einer Studie mit 26 Patienten wurde für Bevacizumab eine Remissionsrate von 12% beschrieben.

Abbildung 11: Angiosarkome - möglicher Therapiealgorithmus 
Angiosarkome - möglicher Therapiealgorithmus

Referenz für Kapitel 7.4 siehe Literatur [88101]

7.5Dermatofibrosarcoma protuberans (DFSP)

DFSP stellen lokal rezidivierende Weichgewebstumoren dar, die durch eine Translokation t(17;22) charakterisiert sind und die üblicherweise lokal - chirurgisch mit weitem Sicherheitsabstand > 3 cm und strahlentherapeutisch - behandelt werden. Sofern die o.g. Massnahmen ausgeschöpft sind oder aufgrund eines zu grossen Resektionsausmaßes nicht in Betracht kommen, ist eine Therapie mit Imatinib indiziert, das als PDGFR-Inhibitor in mehreren kleinen eine Ansprechraten von 36-100% zeigte. Imatinib kann auch bei entdifferenzierten, metastasierten DFSP (fibrosarkomatöse DFSP; DFSP-FS) wirksam sein, sofern sich eine t(17;22) nachweisen lässt. Die zugelassene Imatinib-Dosis bei DFSP beträgt 800 mg/Tag, wobei ein kürzlicher Vergleich zwischen 400 mg und 800 mg - bei allerdings insgesamt kleinen Fallzahlen - keinen eindeutigen Unterschied zeigte. Die Dauer einer präoperativen Imatinib-Therapie zur Reduktion des Resektionsausmasses ist nicht geklärt und sollte nach vorliegenden Daten - je nach Ansprechen - ca. 3-4 Monate betragen.

Referenz für Kapitel 7.5 siehe Literatur [102106]

7.6Desmoide / Aggressive Fibromatose (AF)

Desmoide /AF können spontan (extra- und intraabdominell) auftreten und finden sich gehäuft bei Patienten mit familiärer adenomatöser Polyposis (FAP) bzw. Gardner-Syndrom. In letztgenannten Situationen liegt meist eine intraabdominelle, mesenteriale Tumorlokalisation mit Ummauerung der Mesenterialgefäße vor. Sporadische AF sind meist am Körperstamm oder im Bereich der Extremitäten lokalisiert und sind lokalen Verfahren leichter zugänglich. Resektion und Strahlentherapie sind die bevorzugten Therapiemodalitäten bei diesen zu Lokalrezidiven neigenden, niedrigmalignen Weichgewebstumoren. Im Fall nicht resektabler Desmoide im Bereich der Extremitäten ist auch eine isolierte Extremitätenperfusion mit TNF-alpha und Melphalan zu erwägen. Bislang nicht eindeutig geklärt sind der Stellenwert einer R0-Resektion zulasten mutilierender Resektionsverfahren und die Bedeutung einer adjuvanten Strahlentherapie. Auch bei resektablen Tumoren können präoperative medikamentöse Verfahren diskutiert werden, wodurch bei einem kleinen Teil der Patienten eine Resektion vermieden werden kann.

Zur medikamentösen Therapie der lokal rezidivierten, nicht resektablen oder nur mutilierend resektablen und nicht strahlentherapeutisch therapierbarer AF gibt es verschiedene Optionen, siehe Tabelle 10. Hierzu zählen beispielsweise antihormonelle Therapien, wobei neben Gestagenen und Androgenen v.a. Tamoxifen und Toremifen eingesetzt wurden. Sowohl für antihormonelle Maßnahmen als auch für nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID) und Interferon gilt, dass die optimalen Dosierungen unbekannt sind und dass nur wenige Fallserien mit kleinen Patientenzahlen und heterogenen Patientenkollektiven (sporadische AF, FAP-assoziierte AF, Primär- oder Rezidivtherapie) existieren. Die in kleinen Fallserien mit einer Antiöstrogentherapie erzielten Ansprechraten betragen zwischen ca. 25-50% und etwa 20-30% Tumorstabilisierungen. Die verwendeten Dosierungen betrugen 20-160 mg Tamoxifen/Tag bzw. 200 mg Toremifen/Tag. Mit NSAID/COX-2-Inhibitoren wie Indomethacin (75-300 mg/Tag) oder Sulindac (300 mg/Tag) wurden in kleinen Fallserien heterogener Patientenkollektive Ansprechraten von etwa 20-50% und Stabilisierungen bei ca. 20-30% beschrieben. Mit der Kombination von Tamoxifen (120 mg/Tag) und Sulindac (300 mg/Tag) bzw. Celecoxib (400 mg/Tag) wurden Ansprechraten von 13-63% berichtet. Für Interferon-alpha liegen nur wenige Fallberichte oder Fallserien < 5 Patienten vor, so dass eine vergleichende Einschätzung der Ansprechraten nicht möglich ist. Die verwendete Dosierung von Interferon-alpha betrug 3x106IU dreimal wöchentlich bis täglich. Für eine Erhaltungstherapie nach weiter Resektion plus/minus Strahlentherapie mit antihormoneller Therapie, NSAID oder Interferon gibt es keine gesicherte Datenlage, wobei in einzelnen Fällen so verfahren wurde. Als PDGFR-Inhibitoren wurden Imatinib und Sorafenib getestet. Mit Imatinib (400 mg/Tag mit Dosiseskalation bei Progression) wurden im Fall lokal progredienter/rezidivierter AF bei teils ausgiebig vorbehandelten Patienten Remissionsraten von 10-15% und eine 12-Monats-Progressionsarrestraten von 37-66% beschrieben. Für Sorafenib (400 mg/Tag) wurden in einer kleineren Serie von 13 Patienten eine Remissions- und Progressionsarrestrate von je 46% berichtet.

Sofern diese Maßnahmen für eine Krankheitskontrolle nicht ausreichen, kommt eine konventionelle Chemotherapie in Betracht. Dabei scheinen anthrazyklinhaltige Regime entsprechend retrospektiven Daten die besten Ansprechraten aufzuweisen, gefolgt von Methotrexat und Vinka-Alkaloid-haltigen Regimen. Letztere sind vorrangig aufgrund der oftmals längerfristig notwendigen Therapiedauer und der Langzeittoxizitäten der Therapie zu erwägen. Auch Vinorelbin weist eine Aktivität auf und kann Vinblastin ersetzen. Vorrangig in Fällen rasch progredienter, lebensbedrohlicher AF kommen klassische anthrazyklinbasierte Chemotherapien (z.B. Adriamycin plus DTIC [ADIC], in Betracht. Die Therapiedauer erstreckt sich häufig über > 4-6 Monate, da sich Remissionen sowohl bei antihormoneller Therapie, NSAID, Tyrosinkinaseinhibitoren und Chemotherapie oft erst nach etlichen Monaten manifestieren.

Tabelle 10: Desmoide / aggressive Fibromatose: mögliche medikamentöse Therapieoptionen 

Tamoxifen 120 mg/Tag +

NSAID (z.B.Ibuprofen oderIndometacin oder andere)

Interferon-α

3x106 IU

3x/Wo

Vinblastin 6 mg/m² (max. 10 mg GD) (ersatzweise Vinorelbin) + Methotrexat 30 mg/m² (max. 60 mg GD) q 1 Wo

VAC

Vincristin 1,5 mg/m² (GD 2 mg) T1

Actinomycin-D (0,5 mg/m² Tag 1-3

Cyclophosphamid 1200 mg/m² T 1, q 3-4 Wo

Adriamycin

(vorzugsweise liposomales ADM wg. Langzeittoxizität)

ADIC

ADM 20mg/m² DI +

DTIC 150mg/m² DI

Tag 1-4, q 4 Wo

Sorafenib 400 mg/Tag

Imatinib 400 mg/Tag

(ggfs. Dosiseskalation)

Referenz für Kapitel 7.6 siehe Literatur [107118]

7.7Maligne periphere Nervenscheidentumoren (MPNST)

Maligne Schwannome bzw. MPNST können sporadisch oder vor allem im Kontext der Neurofibromatose-1 (NF-1) auftreten. Sie machen ca. 5% aller Weichgewebstumoren aus. Für Adriamycin + Ifosfamid wurde in einer britischen Analyse eine Remissionsrate von 18% beschrieben. In einer kürzlichen EORTC-Analyse von 175 Patenten wurde eine Ansprechrate von 21% für adriamycinhaltige Therapien beschrieben, wobei die Kombination von ADM/IFS die besten Ergebnisse zeigte (RR: ADM 11%; IFS 5%; ADM/IFS 46%; 6-Mo-PFS: ADM 21%, IFS 19%, ADM/IFS 50%). Auch über die Wirksamkeit platinhaltiger Therapien wurde in Einzelfällen berichtet. Für Gemcitabin bzw. Gemcitabin/Vinorelbin liegen ebenfalls Fallberichte vor mit einer partiellen Remission und einer Befundstabilität von > 4 Monaten. In einem Fallbericht wurde über die Wirksamkeit von Sorafenib bei einer Patientin mit MPNST berichtet. In der CTEP-7060-Studie wurde bei 2 Patienten mit MPNST ein ‚minor response’ mit Sorafenib-Therapie beschrieben.

Referenz für Kapitel 7.7 siehe Literatur [119127]

7.8Klarzellsarkome

Klarzellsarkome, früher als maligne Melanome der Weichteile bezeichnet, lassen sich heute durch RT-PCR oder FISH mit Nachweis spezifischer genetischer Aberrationen (EWS-ATF1; t(12;22)) von Melanomen differenzieren. Meist treten sie an Extremitäten jüngerer Patienten auf mit Beteiligung von Sehnen, Aponeurosen und faszialer Strukturen. Lymphknotenmetastasen sind bei bis zu 40% der Patienten nachweisbar. Klarzellsarkome sind durch eine hohe Chemotherapierefraktärität gekennzeichnet, so dass vorzugsweise chirurgische Therapiemaßnahmen (Metastasektomien; Lymphadenektomien) oder der Einschluß in Therapiestudien zu erwägen sind. Prinzipiell kommen zwar für Sarkome zugelassene Substanzen/Regime in Betracht. Jedoch sind nicht nur die Ansprechraten sondern vor allem auch das mediane progressionsfreie Intervall mit 2-3 Monaten selbst nach nebenwirkungsintensiveren Therapieregimen wie Adriamycin/Ifosfamid sehr gering.

Referenz für Kapitel 7.8 siehe Literatur [128129]

7.9Alveolarzellsarkome

Alveolarzellsarkome (alveoläre Weichteilsarkome; ASPS) sind durch eine t(X;17)-Translokation gekennzeichnet und weisen häufig - auch unbehandelt - nur eine geringe Progression oder einen Wachstumsarrest über längere Zeiträume auf. ASPS sind als relativ chemotherapieinsensitive Tumoren anzusehen.Valide Daten zu Progressionsarrestraten verschiedener konventioneller Zytostatika liegen nicht vor. Im Rahmen von Phase II-Studien wurde kasuistisch über ein Ansprechen auf Sunitinb berichtet und auch in einer retrospektiven italienischen Analyse von 8 Patienten, die mit Sunitinib behandelt wurden, wurden 5 PR (n. RECIST) und eine SD beschrieben. Die Dauer des Tumoransprechens betrug > 9 Monate; ein Patient erreichte eine > 27 Monate anhaltende Remission. Systematische, weitere Daten zu TKIs bei o.a. Tumorentitäten liegen nicht vor. Patienten mit Alveolarzellsarkom können aktuell auch in eine Therapiestudie mit einem mTOR-Antagonisten eingebracht werden.

Referenz für Kapitel 7.9 siehe Literatur [130132]

7.10Epitheloidzellsarkome

Dieses klassischerweise bei jüngeren Patienten an den distalen Extremitätenbereichen auftretende Sarkom ist sehr selten und zeigt eine hohe Rezidivneigung aufgrund seiner lokalen Ausdehnung entlang Faszien und Sehnen, teils mit „skip lesions“ und letzlich auftretender Metastasierung. Die sarkomgerechte Operation, Strahlentherapie und gelegtl. die isolierte Extremitätenperfusion stellen die Grundlagen der lokalen Therapie dar. Systematische Daten zur Chemotherapie liegen kaum vor. Sarkomtypische Therapieregime wie Adriamycin und Ifosfamid können in Einzelfällen eine gute Wirksamkeit aufweisen und auch im Kontext multimodaler Therapiekonzepte eingesetzt werden.

7.11Solitäre fibröse Tumoren (SFT) / Hämangioperizytome (HPC)

Diese Tumoren werden heute als verschiedene Formen eines Erkrankungskomplexes angesehen. HPC sind am häufigsten lokalisiert an den unteren Extremitäten, retroperitoneal und im Kopf-Hals-Bereich (v.a. meningeal), können aber ubiquitär auftreten. Auch SFT, die zunächst im Bereich der Serosa, vor allem pleural, beschrieben wurden, können in allen Körperregionen auftreten. SFTs sind nicht selten mit dem paraneoplastischen Syndrom der hypertrophen pulmonalen Osteoarthropathie assoziiert. Auch Hypoglykämien durch eine ektope Sekretion von Insulin-like-Growth Factor (IGF) können charakterischerweise auftreten (Doege-Potter-Syndrom).

Nach Ausschöpfen lokaler Therapiemaßnahmen durch Resektion und Strahlentherapie und bei Metastasierung können klassische Zytostatika - in Einzelfällen - wirksam sein. In Betracht kommen Adriamycin-haltige Regime (ggf. in Kombination mit DTIC oder Ifosfamid) sowie Gemcitabin+Docetaxel. Tumorstabilisierungen wurden für eine Therapie mit Interferon-alpha beschrieben. Neuere Ansätze beinhalten eine Kombination von Bevacizumab plus Temozolomid, mit der bei 11/14 Patienten eine partielles Ansprechen (nach Choi-Kriterien), bei 2/14 eine Tumorstabilisierung und bei 1/14 eine Progression beschrieben wurde. Der VEGFR-/PDGFRA-Inhibitor Sunitinib wurde ebenfalls geprüft. In einer Fallserie von 5 Patienten beschrieben Casali et al. ein Tumoransprechen nach Choi-Kriterien (entspr. stable disease nach RECIST) bei 4/5 Patienten im kurzfristigen Verlauf. In einer Phase II-Studie mit Sunitinib wurde bei 2 von 3 Patienten eine Tumorstabilisierung beschrieben. Für Imatinib wurde in einer Kasuistik eines PDGF(R)-exprimierenden SFT eine lang anhaltende Tumorstabilisierung von 21 Monaten beschrieben.

Referenz für Kapitel 7.10 und 7.11 siehe Literatur [133141]

7.12Chordome

Chordome sind seltene Tumoren, die entlang der Wirbelsäule auftreten. Meist findet sich ein langsames, lokal destruierendes Tumorwachstum. Aufgrund ihrer Lage sind R0-Resektionen nur bei einem kleineren Teil der Patienten erreichbar. Die Strahlentherapie incl. Protonentherapie und moderner IMRT sind Standardverfahren bei der Chordom-Therapie. Im Fall lokal unkontrollierter Tumoren oder der seltenen metastasierten Formen sind medikamentöse Therapieansätze zu erwägen. Hierzu liegen bisher jedoch nur wenige Fallberichte vor. Tumorstabilisierungen wurden u.a. mit Imatinib beschrieben. Bei 4/9 Patienten wurde auch für Sunitinib eine Tumorstabilisierung für Zeiträume von 17-70+ Wochen berichtet. Kasuistisch wurde auch über die Wirksamkeit von EGFR-Inhibitoren berichtet.

Referenz für Kapitel 7.12 siehe Literatur [142146]

7.13Rhabdomyosarkome (RMS)

Der Anteil von RMS bei Erwachsenen beträgt ca. 2% der Sarkome. Die Prognose ist mit 5-Jahresüberlebensraten von ca. 20-40% schlechter als bei Kindern/Jugendlichen (5-JÜR: 60-75%). Dies mag teilweise in einer anderen Häufigkeitsverteilung histologischer Subtypen (embryonal, alveolär, pleomorph) und anderer Prognosefaktoren begründet sein. Patienten mit embryonalem oder alveolärem Rhabdomyosarkom sollen bis zu einem Alter von von 40 Jahren im Kontext der pädiatrisch-onkologischen Therapieregisterprotokolle (CWS-Register / CWS-SoTiSaR, Stuttgart; cws@olgahospital-stuttgart.de; www.cws.olgahospital-stuttgart.de) behandelt werden. Pleomorphe Rhabdomyosarkome, für die aus den pädiatrischen Therapiestudien kaum Erfahrungen vorliegen, sind am ehesten entsprechend sarkomtypischen Therapieprotokollen für Erwachsene zu behandeln. Topoisomerase I-Inhibitoren (Topotecan, Irinotecan) können bei jungen Patienten mit rezidiviertem embryonalen und alveolären RMS wirksam sein.

Referenz für Kapitel 7.13 siehe Literatur [147157]

7.14Endometriale Stromasarkome

Endometriale Stromasarkome (ESS) repräsentieren einen Subtyp uteriner Sarkome, zu denen darüber hinaus die Leiomyosarkome (s.o.) und die undifferenzierten, hochmalignen, pleomorphen Sarkome (s.o.) zählen. ESS stellen per definitionem niedrig-maligne Sarkome dar, die häufig Hormonrezeptoren (ER/PR) exprimieren. In diesen Fällen kommt am ehesten eine Therapie mit Aromataseinhibitoren, Gestagenen und GnRH-Analoga in Betracht, womit oft lang anhaltende Remissionen beobachtet werden können. Tamoxifen sollte aufgrund potenziell agonistischer Wirksamkeit nicht verwendet werden. Hormonrefraktäre/rezidivierte Stromasarkome werden wie undifferenzierte, pleomorphe Sarkome (NOS) behandelt (siehe oben).

Referenz für Kapitel 7.14 siehe Literatur [158163]

7.15Tenosynoviale Riesenzelltumoren / Pigmentierte villonoduläre Synovitis

Die meist bei jungen Erwachsenen von der Synovia ausgehenden Tumoren sind durch eine t(1;2)-Translokation gekennzeichnet, die zu einer Fusion des Collagen 6A3-Gens und des ‚macrophage colony-stimuating factor’ (M-CSF; oder CSF1)-Gens und durch parakrine Effekte zu einer vermehrten M-CSFR-Expression führt. Nach Versagen lokaler Therapieverfahren oder bei metastasierter Erkrankung können mit Imatinib (400 mg/Tag) teils lang anhaltende Remissionen, eine Tumorkontrollrate (CR+PR+SD) von 70-80% und ein medianes progressionsfreies Intervall von 21 Monaten induziert werden.

Referenz für Kapitel 7.15 siehe Literatur [164166]

7.16Gastrointestinale Stromatumoren (GIST)

Siehe gesonderte Onkopedia Leitlinie Gastrointestinale Stromatumore (GIST).

8[Kapitel nicht relevant]

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10[Kapitel nicht relevant]

11Medikamentöse Tumortherapie-Protokolle

12Studienergebnisse

13[Kapitel nicht relevant]

15Anschriften der Verfasser

Prof. Dr. med. Volker Budach
Charité
Campus Virchow-Klinikum
Klinik für Strahlentherapie
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin
Univ.-Prof. Dr. med. Jörg Thomas Hartmann
Katholische Hospitalvereinigung Ostwestfalen
Franziskus Hospital Bielefeld
Klinik für Hämatologie, Onkologie
und Immunologie
Kiskerstr. 26
33615 Bielefeld
Prof. Dr. med. Dipl.-Biochem. Rolf D. Issels
Klinikum der Universität München
Campus Großhadern
Medizinische Klinik III
c/o Sekretariat Prof. Lindner
Marchioninistr. 15
81377 München
Prof. Dr. med. Peter Reichardt
HELIOS Klinikum Berlin-Buch
Klinik für Interdisziplinäre Onkologie
Sarkomzentrum Berlin-Brandenburg
Schwanebecker Chaussee 50
13125 Berlin
Prof. Dr. med. Jochen Schütte
Universitätsklinikum Essen
Innere Klinik (Tumorforschung)
WTZ Ambulanz
Hufelandstr. 55
45147 Essen
Dr. med. Per Ulf Tunn
Helios-Klinikum Berlin-Buch
Klinik für Tumororthopädie
Schwanebecker Chaussee 50
13125 Berlin

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Reference:

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